Gibt es einen Gott? Von Thomas Gsella

Jo.

Aber nun: Wie beweist man's? Wie überzeugt man die Nörgler? Die Skeptiker, die Desinteressierten und eher pantheistisch halbseidenen? Denn „Hand aufs Herz“: Alle Gottesbeweise – es gibt, soweit ich's übersehe, exakt einhundertzwölfeinhalb – haben es ja nicht und nicht gepackt, die Frage aller Fragen zu klären: Wenn es einen Gott gibt, warum läßt er all das zu? All die Dings, die Kriege, Hungerwirren und verlorenen Elfmeterschießen? Müßte ein human erzogener Gott nicht...? Nein, müßte er nicht. Denn wahrlich, ich sage euch: Der Heiland hat genug am Hals. Gott ist kein Gott des Verhinderns, er ist ein Gott des Machens. Des Schöpfens. Er heißt ja doch wie? Schöpfer! Gott schöpft. Tagaus, tagein sitzt er vor jenem legendären Bottich, in dem die Fakten, Lebewesen und Geschehnisse der Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft wie in einem Gigaeintopf vor sich hingaren, und wenn was Gutes oder wenigstens so Mitteles an die Oberfläche schwappt, greift der Heiland ratzfatz eine Kelle, und schwups! – schöpft. Was hat er nicht alles geschöpft; ERschöpft, ERschaffen!

Wenn man im Chemnitzer Hauptbahnhof aufs Klo geht, steht ein Bürger vor der Eingangstür und fragt: „Groß oder klein?“, denn speziell in diesem Fall hat unser Heiland folgende Vision verwirklicht: „Klein“ kostet nichts, aber „groß“ (50 Pfennig) schon, und weil der Bottich halt bzgl. Chemnitz die andernorts geläufigen Automaten bis dato nicht geneigt war hochzukochen, hat Gott jemanden abgestellt, der fragt, ob man jetzt aktuell auf Pissen oder Kacken aus sei, der Gast gibt Auskunft, fertig. Natürlich könnte man nun nörgeln: Was ist das für ein Gott, wenn er zum Teil vielleicht nicht haarscharf unterscheiden kann zwischen schillernden und weniger beneidenswerten Lebensführungen? Bei einem Durchlauf von nur zweihundert Gästen täglich und vierzig Arbeitsjahren fragt dieser Mann 1,6 Millionen Male „Groß oder klein?“ und geht in Rente – ein Gottesbeweis?

Nun, ich denke, wir kommen drauf zurück. Tatsache ist: Auch im Frankfurter „Holzhausenschlößchen“ gibt es einen Raum, bestückt mit Artikeln, die, um es blöd stelzig auszudrücken, in toto et summa summarum ein WC konstituieren: Schüssel, Spülstein, Wasserhähne, Kacheln. Auf den Kacheln liegt nix als Toilettenpapier und fein gefaltete Handtücher – der Herrgott aber sah ein, daß an die Kacheln ein Schild mußte mit der Aufschrift: „Bitte werfen Sie nur Toilettenpapier in die Toilette!“ Dingdong, ein Gottesbeweis! Gäbe es nämlich das Schild nicht, würden ohne Zweifel auch alle Handtücher in die Schüssel gepfeffert, von da in die Umwelt gelangen, Fische würden umwickelt, ihre Navigation nähme Schaden, sie würden blind gegen Flußufer bumsen und letztendlich Deiche aushöhlen, und beim nächsten Dauerregen schrie der kleine Otto Endverbraucher einmal mehr „Land unter!“ – Hosianna! Das Schild war der Heiland! Gott ist in den kleinsten Dingen! Und wenn er in den kleinsten Dingen ist, dann – dann – – gibt es ihn! Heureka! Wir haben es! Bei Zeus, was eine leichte Übung! Nanu, wer hätte das gedacht?

/ Gott läßt sich doch beweisen. / Drum laßt uns G., der es vollbracht, / stets lieben und lobpreisen!