Großkonzerne gegen teuren Sprit

Benzinkonkurrenten finden das Nachdenken des Shell-Chefs über einen Spritpreis von fünf Mark gar nicht o.k. Verband kann Konflikt nicht mehr verbergen  ■ Von Hermann-Josef Tenhagen

Der Betrag fünf Mark verunsichert die deutsche Mineralölwirtschaft erheblich. Vergangene Woche erklärte der Chef der Deutschen Shell, Reiner Laufs, eine schrittweise Erhöhung des Spritpreises auf fünf Mark „kann o.k. sein“, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Gestern widersprach ihm der Geschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV), Hermann Wolkenhauer, im Saarländischen Rundfunk: Die Unternehmen seines Verbandes – zum dem auch die Deutsche Shell gehört – seien „ausgesprochen skeptisch“ gegenüber einer solchen Spritpreiserhöhung. Die Äußerungen von Herrn Laufs hätten die Verbandsmitglieder „sehr erstaunt“. Ob Laufs noch zur Verbandsposition stehe, könne er „nicht beurteilen“. Esso-Sprecher Karl-Heinz Schult-Bornemann sekundierte, ein Benzinpreis von fünf Mark sei „utopisch“, der Steueranteil bei Benzin bereits jetzt „sehr hoch“.

Die gegensätzlichen Äußerungen spiegeln den schwelenden Konflikt zwischen den großen Ölkonzernen über den Umgang mit der ökologischen Herausforderung. Während Shell-Deutschland-Chef Laufs als ehemaliger Ökomanager der Konzernzentrale in Rotterdam mit grünem Gedankengut vertraut ist und in Gelsenkirchen mit einem Partner sogar die größte deutsche Solarfabrik hochziehen läßt, hält man solche Gedankenspiele beim Konkurrenten Esso und dessen US-Konzern- Mutter Exxon für Teufelswerk. Exxon-Boss Lee Raymond im fernen Houston hält sogar jeglichen Klimaschutz für schädlich und hat Entwicklungsländer gewarnt, daß Klimaschutz zum Investitionshindernis werden könne. Auf der anderen Seite ziehen international BP und Royal Dutch Shell am selben Strang.

Auch in Deutschland gelten die Esso-Tiger als besonders ruppig. Von denen habe man schon mehr an unfreundlichen Behandlungen erfahren, hieß es gestern bei Shell. Persönliche Nachfragen an Laufs wegen seiner Äußerungen habe es nicht gegeben.

Offiziell hatte man auch beim Mineralölverband MWV die offene Auseinandersetzung zu vermeiden gesucht. Man wollte sich lieber still auf ein gemeinsames Papier zur ökologischen Steuerreform zurückziehen, das in den Pressestellen der Ölkonzerne „als Basis der Meinungsäußerung“ zu dem Laufs-Interview verwandt werden sollte.

Die Grundlagen dieses siebenseitigen Positionspapiers sind allerdings steinalt. Nach den Vorschlägen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) für eine Ökosteuer von 1994 hatten Ölkonzerne, Autoindustrie und die Gas- und Wasserwirtschaft ein gemeinsames Gegengutachten in Auftrag gegeben. Der MWV hatte zuletzt nur die Ergebnisse des alten Gegengutachtens flott überarbeiten lassen.