Gott lauscht mit. Näheres regelt das Grundgesetz

■ Beim Großen Lauschangriff sieht der Kompromißvorschlag des Bundesjustizministers keinen speziellen Schutz bestimmter Berufsgruppen vor: Ein Verbot des Abhörens im Beichtstuhl fehlt. Dafür soll allein das Grundgesetz sorgen

Hannover (taz) – Für Pfarrer, Ärzte oder auch Rechtsanwälte soll es künftig doch keinen speziellen gesetzlichen Schutz vor dem Großen Lauschangriff geben. Dies geht aus einem Kompromißvorschlag von Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig hervor, der morgen bei der voraussichtlich letzten Verhandlungsrunde von SPD und Bonner Koalition zum Lauschangriff auf dem Tisch liegen wird und der der taz vorliegt.

Für Berufsgruppen wie Journalisten, Pfarrer, Rechtsanwälte, Ärzte und Parlamentarier, denen vor Gericht ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, sieht der Gesetzesvorschlag des Bundesjustizministers lediglich ein sehr eingeschränktes Verwertungsverbot für elektronisch erlauschte Erkenntnisse vor. Bei Personen mit Zeugnisverweigerungsrecht, zu denen auch Angehörige eines Beschuldigten zählen, dürften durch Lauschangriff gewonnene Erkenntnisse nur verwertet werden, wenn dies „nicht außer Verhältnis zum Interesse an der Erforschung des Sachverhaltes oder der Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters steht“. Nach dem Gesetzesvorschlag soll das Gericht, das den Lauschangriff angeordnet hat, außerdem bei seiner Entscheidung über die Verwertbarkeit die Bedeutung des Vertrauensverhältnisses zum Zeunisverweigerungsberechtigten berücksichtigen.

Ein ausdrückliches Verbot etwa des Abhörens von Gesprächen im Beichtstuhl sieht der Gesetzestext nicht vor. Wie aus dem Anschreiben des Bundesjustizministers an die Teilnehmer der Verhandlungsrunde hervorgeht, ist er in den Grundzügen bereits mit der SPD abgestimmt. Schmidt-Jortzig nennt ihn eine „bereits in der letzten Verhandlungsrunde skizzierte Formulierung“.

Neben dem neuen Gesetzestext hat der Minister den Teilnehmern der Runde auch den Text einer Beschlußempfehlung des Bundestagsrechtsausschusses zugesandt, mit der er sich aus dem Grundgesetz ergebende „verfassungsrechtliche Grenzen der elektronischen Wohnraumüberwachung“ klarstellen will. Nur in dieser Beschlußempfehlung, nicht aber im Gesetzespaket zum Lauschangriff selbst, ist die Rede davon, daß der Schutz des Beichtgeheimnisses vom Lauschangriff unberührt bleiben muß. Beichtgespräche dürften schon von Verfassungs wegen nicht abgehört werden. Auch Angehörige verschiedener anderer Berufsgruppen wie Strafverteidiger oder Journalisten genössen ohnehin verfassungsrechtlichen Schutz. Die Verfassungsartikel zur Religions- oder auch zur Pressefreiheit, auf die die vorgeschlagene Resolution Bezug nimmt, enthalten allerdings kein ausdrückliches Lauschverbot. Letztlich überläßt es der Kompromißvorschlag den Gerichten, die verfassungsrechtlichen Grenzen der elektronischen Wohnraumüberwachung zu ziehen.

Ein Sprecher des niedersächsischen Innenministers Glogowski (SPD) nannte den Kompromißvorschlag des Bundesjustizministers schon gestern „akzeptabel“. Die übrigen Beteiligten der morgigen Runde dementierten allerdings, daß man sich in Sachen Lauschangriff bereits endgültig geeinigt habe. Jürgen Voges