Traualtar oder Ausweisung

■ Wer Scheinehen vermittelt, muß seit 1995 mit harten Strafen rechnen/Die Realität der„Green-Card-Stories“ist hart und nüchtern

Andreas L. sitzt nicht zum ersten Mal im Amtsgericht Bremen. Der Richter kennt ihn. Wegen der Vermittlung von Scheinehen war der stämmige Bremer mit Oberlippenbart schon ein paar Monate zuvor zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Jetzt sitzt er wieder hier.

Bis zu 12.000 Mark mußten Ausländer bezahlen, wenn sie auf der Suche nach einem deutschen Ehepartner waren. 8.000 Mark davon bekam der deutsche Ehepartner, 4.000 Mark war die Vermittlungsgebühr, die sich Andreas L. mit Helfern teilte.

Sein Pech: er wurde zum zweitenmal erwischt. Die Staatsanwaltschaft forderte, diesmal eine Haftstrafe zu verhängen.

Verknackt wurde der 36jährige letztendlich wegen versuchter und vollzogener Einschleusung in sieben Fällen zu einem Jahr und 10 Monaten Gefängnis, ein weiterer Fall brachte ihm 12 Monate ein. Glück im Unglück für Andreas L.: Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Hätte die Vermittlertätigkeit vor drei Jahren stattgefunden, wäre Andreas L. vielleicht ungeschoren davongekommen. Doch was sich bis 1995 in einer rechtlichen Grauzone abspielte, wurde mit Änderung des Ausländergesetzes strafbar. Zwischen 6 Monaten und 10 Jahren Freiheitsentzug hat heute ein Scheinehen-Vermittler laut Paragraph 92a Ausländergesetz zu erwarten, wenn er gewerbsmäßig oder in einer Bande handelt .

Daß Heirat auch einen sicheren Aufenthaltsstatus bedeutet, ist nicht gesagt. „Die Ehe bietet nicht unbedingt Schutz vor Ausweisung.“Nina von der Bremer Flüchtlingsinitiative bleibt skeptisch. Wenn sie von einem solchen Fall höre, sage sie immer: „Überleg' dir das gut.. Denn wenn ein Ehepartner aussteigen will, dann war's das.“

Tatsächlich kann dem ausländischen Partner nach dem Gang vor den Altar eine befristete Aufenthaltsgenehmigung gewährt werden. Nach drei Jahren kann sie in eine unbefristete umgewandelt werden. Aber die Bremer Praxis hat sich seit 1997 verschärft, weiß Klaus Wegner vom „Verband binationaler Familien und Partnerschaften (IAF)“. Bis vor kurzem habe die Ausländerbehörde normalerweise gleich für drei Jahre eine befristete Aufenthaltsgenehmigung ausgestellt. „Inzwischen ist das oft nur noch ein Jahr“, so Wegner. Auch Scheiden lassen können sich solche Paare ohne Konsequenzen erst, wenn der ausländische Partner seit mindestens einem Jahr seine unbefristete Genehmigung in Händen hält.

„Die Scheinehen sind ein ganz erhebliches Problem für uns“, sagt Dieter Trappmann, Leiter der Bremer Ausländerbehörde. Pro Jahr ermittelt seine Behörde in 20 bis 40 Fällen. Doch die Dunkelziffer der tatsächlich geschlossenen Scheinehen könne er nicht einmal schätzen, sagt er. Seine Erfahrungen mit dem Personenkreis der scheinehewilligen Deutschen: Drogen- oder Alkoholabhängige, Prostituiert und Menschen, die „auf dem Heiratsmarkt keine Chance hätten.“Fälle, in denen Scheinehen aus purem Mitleid eingegangen würden, seien äußerst selten.

„Geprüft wird aber erst, wenn konkrete Anhaltspunkte einer Scheinehe vorliegen“, so Behörden-Chef Trappmann. Doch konkrete Anhaltspunkte können schnell entstehen: wenn der Behörde innerhalb von einigen Monaten mehrere Verlobte präsentiert werden, zum Beispiel.

Der Lobbyist für binationale Partnerschaften, Jörg Wegner, stört sich schon am Begriff der „Scheinehe“. „Scheinehe impliziert, daß das keine echte Ehe ist.“Doch die Ehe werde ja tatsächlich geschlossen. Wegner plädiert für das Wort „Zweckehe“. Und die läge ja auch vor, wenn ein deutsches Paar aus steuerlichen Gründen heiratet.

Daß Eheleute in binationalen Partnerschaften es in vielerlei Hinsicht schwerer haben als deutsche Paare, ist für Lobbyist Wegner klare Sache. „Binationale Paare müssen schneller heiraten, als andere – um ihr Aufenthaltsrecht zu sichern.“Daß dabei oft die Beziehung noch nicht so gefestigt sei und vielleicht keine gemeinsame Wohnung existiere, könne Probleme mit den Behörden schaffen. Doch die Anzahl der puren Zweckehen zwischen Deutschen und Ausländern seien im Vergleich zu allen Eheschließungen „lächerlich gering“, schätzt Wegner. Es sei genau wie beim Sozialhilfemißbrauch: „Die Verschärfung der Gesetze dient doch nicht der Gefahrenabwehr, sondern nur der Beruhigung der Bevölkerung“. Christoph Dowe