Das Portrait
: Rasanter Aufstieg auf dem Boulevard

■ Udo Röbel

Sommer 1988, Köln. Im Fluchtauto der Geiselgangster von Gladbeck sitzt ein nervöser Journalist: Udo Röbel, stellvertetender Chefredakteur des Kölner Express. Der Boulevard-Reporter ist nicht nur hautnah dabei, um zu informieren. Röbel lotst die Geiselnehmer aus der Innenstadt und wird damit Teil des Geschehens, was ihm später andere Journalisten als unmoralisch vorwerfen.

Der Karriere von Röbel hat der Vorfall keinen Abbruch getan. Gestern gab der Axel-Springer-Verlag offiziell bekannt, der 47jährige sei nun zum Chefredakteur der Bild-Zeitung bestimmt worden. Damit folgt er Claus Larass, der in den Springer- Vorstand wechselt. Die Umbesetzung in der Chefetage des Großkonzerns mit Larass als Zeitungsvorstand und dem neuen Vorstandschef August Fischer halten viele in der Branche für den Durchgriff des Großaktionärs und Kohl-Freundes Leo Kirch im Wahljahr. Ob Röbel zu diesem Konzept gehört, ist offen. Die einen halten ihn für „Kirch zugeneigt“, die anderen eher für den eingefleischten Journalisten, der keiner Partei angehört.

Der Pfälzer Röbel stieg so rasant auf, wie es nur im Boulevard-Journalismus möglich ist. Nach der Ausbildung bei der Rheinpfalz in Ludwigshafen arbeitete er zunächst für die Agenturen dpa und AP. Ab 1972 berichtete er für die Bild-Redaktionen in Frankfurt, Kettwig, Aachen. Als er sich 1982 als Leiter der Bild Köln wiederfand, legte er eine Pause ein und tourte mit dem Rucksack ein Jahr lang durch die USA. Danach fragte sein Freund Michael Spreng ihn, ob er nicht mit in die Leitung des Express in Köln wolle, Spreng Chefredakteur, Röbel Stellvertreter. In diese Zeit fiel nicht nur der Fall mit den Geiselgangstern. Bevor er zum Ethik- Buhmann wurde, bekam Röbel den prestigeträchtigen Wächter-Preis der Deutschen Tagespresse: Er hatte in der Affäre um den damaligen General Kießling, der als potentieller Geheimnisverräter verdächtigt wurde, recherchiert, daß die Informationen des Militärischen Abschirmdienstes auf Schlamperei beruhten.

Das Gespann Spreng/Röbel wechselte 1989 zur Bild am Sonntag. Wohl um seine Eigenständigkeit zu beweisen, ging Röbel 1992 als Berater zum Heinrich-Bauer- Verlag. Der Posten muß ihm zu langweilig geworden sein, denn schon nach einem Jahr wurde er stellvertretender Chefredakteur bei Bild, die er jetzt ganz übernimmt. Georg Löwisch