■ Kommentar
: Nötige Nachwuchspflege

Fünf Jahre als Fraktionssprecher sind eine lange Zeit – insbesondere bei den Bündnisgrünen, bei denen bis vor wenigen Jahren die Rotation eine solche Amtsdauer noch ausgeschlossen hätte. Es spricht für Wolfgang Wieland, freiwillig das Amt aufzugeben. Jede andere Fraktion wäre froh, einen solch brillanten Redner wie Wieland in ihren Reihen zu haben. Ein ganz spezielles Problem tut sich bei den Bündnisgrünen allerdings bei der Nachfolge für die Fraktionssprecher Sibyll Klotz und Wolfgang Wieland auf. Geeignetes Personal gibt es durchaus – Renate Künast beispielsweise, die bereits früher Fraktionssprecherin war, oder auch die heimliche Finanzsenatorin Michaele Schreyer. Das Problem: Es fehlen Köpfe, die nicht bereits seit längerem im Scheinwerferlicht stehen.

Neben dem Urgestein der Grünen hat es in den letzten Jahren niemand vermocht, sich in die erste Reihe zu schieben. Der Parteivorstand spielt trotz Professionalisierung in der Öffentlichkeit keine Rolle. Und auch die nach der letzten Wahl deutlich vergrößerte Fraktion besteht immer noch aus vielen, hart arbeitenden Unbekannten und wenigen Stars. Die Frontfrauen und -männer sind ein getreues Spiegelbild der Milieupartei, vom Altersdurchschnitt bis zum politischen Werdegang. Sie sind persönlich ebenso in die Jahre gekommen wie ihre Art, Politik zu machen.

Zwei Jahre vor der nächsten Abgeordnetenhauswahl müssen deshalb auch die Grünen sich einrichten auf einen Generationssprung. Bis zum 27. Januar müssen geeignete NachfolgerInnen gefunden werden. Nicht nur wegen eines möglichen Wechsels im Senat braucht es mehr Menschen, deren Gesicht in der Öffentlichkeit Wiedererkennungswert für grüne Politik haben und auch jüngere WählerInnen wieder für die Bündnisgrünen begeistern können. Der Partei muß schließlich zu denken geben, daß die Christdemokraten inzwischen mehr junge Mitglieder haben als Bündis 90/Die Grünen. Insofern ist die Neubesetzung des Fraktionsvorsitzes mehr als eine Wachablösung – sie ist eine Chance zur Nachwuchspflege und Erneuerung. Gerd Nowakowski

Bericht Seite 22