■ Nachschlag
: Bühne, Band und Wackelbilder: „Ackermann“ im Chamäleon-Varieté

Wenn einem frühmorgens der Toast aus der Hand hüpft, der Postbote mit einer Zahlungsaufforderung vor der Tür steht und das Taxi eine Panne hat, tut man gut daran, sich möglichst schnell wieder ins Bett zu legen. Doch der Bankangestellte Ackermann, geboren an einem Freitag, dem 13. um 13.13 Uhr, gibt so schnell nicht auf. Mit stoischer Freundlichkeit schaut er durch sein Brillenungetüm auf die rätselhaft feindliche Welt. Briefträger veranstalten ein verkommenes Gelage in seiner Wohnung, eine Hexe zwingt ihn gar, ihr beim Pickelausdrücken zuzusehen. Kann es noch schlimmer kommen? Für Ackermann immer.

Der Chamäleon-Gründer Hacki Ginda hat sich einen alten Traum verwirklicht und mit Ulrich Beckers (bekannt auch als Ferdinand A. Fachblatt von der Gruppe Lonely Husband) in der Rolle des Ackermann einen kurzen Spielfilm gedreht. Eine halbe Hundertschaft Freunde und Kollegen durften auch mitmachen. Den Wackelbildern ist der Spaß anzumerken, den die Darsteller beim Improvisieren hatten, und das tröstet über viele einfältige Gags hinweg. Zumal der Film nicht für sich allein steht: Die neue Show „Ackermann“ will die Grenze zwischen Film und Wirklichkeit überwinden. Artisten auf der Bühne unterbrechen Ackermanns Leidensweg auf der Leinwand, die Filmfiguren nehmen real angereichte Gegenstände scheinbar in Empfang. In einer besonders schönen Szene steigen Hacki und Conférencier Uwe Woitas über ein Treppchen in den Film hinein, um die auf Ackermanns Postbotenparty versackte Band zurück auf die Bühne zu holen.

Bei diesen Spielereien kommt die Artistik allerdings recht kurz. Zwar beruft sich das Chamäleon auf die Tatsache, daß die allererste Filmvorführung in Deutschland 1895 im Wintergarten stattfand. Doch bis zur Pause fehlt es an der für ein Varieté unentbehrlichen Abwechslung. Erst später laufen Film und Show gleichzeitig zu voller Form auf.

Tom Noddy macht wundervolle Kunststücke mit Seifenblasen, die er als Würfel und als rauchspeiende Vulkane in die Luft setzt. Und Ackermann gerät in die Hände einer namenlosen Gangsterbraut, die aussieht wie Meret Becker und auch so schön weinen kann und sich natürlich in ihn verliebt. So daß selbst für den größten Unglücksraben der Welt schließlich das Chamäleon-Motto wahr wird: „Alles wird gut.“ Miriam Hoffmeyer

Bis 26.4., täglich außer Mo., 20.30 Uhr, Chamäleon-Varieté, Rosenthaler Str. 40/41, Mitte