EU-Delegation darf nach Algerien reisen

Die Regierung in Algier stimmt dem Besuch zu. Jedoch sollen sich die Gäste nicht in „innere Angelegenheiten“ des Landes einmischen. Nachforschungen zum Hergang von Massakern sind damit wohl ausgeschlossen  ■ Von Reiner Wandler

Madrid (taz) – Die EU-Troika wird in Kürze nach Algerien reisen, um der dortigen Regierung Hilfe in humanitären Fragen und bei der Terrorismusbekämpfung anzubieten. Das erklärte gestern Bundesaußenminister Klaus Kinkel, der die europäische Algerien- Initiative angeregt hatte. Algeriens Regierung habe dem Besuch der Vertreter Großbritanniens, Luxemburgs und Österreichs bereits zugestimmt, bestätigte Kinkel zufrieden. Eine Expertenkommission, die den genauen Ablauf der Reise ausarbeiten wird, tagte gestern in Brüssel.

Der Außenminister der britischen Regierung, die zur Zeit den EU-Vorsitz hat, traf sich zum gleichen Thema in London mit dem EU-Kommissar für internationale Beziehungen, Hans van den Broek, und dessen Kollegen für den EU-Außenhandel, Leon Brittan. Im Anschluß unterbreiteten sie dem britischen Regierungschef Tony Blair und dem Vorsitzenden der EU-Kommission, Jacques Santer, ihre Arbeitsergebnisse.

Die Staatsführung in Algier läßt keinen Zweifel an den Rahmenbedingungen, an die sich die Vertreter der EU-Troika halten müssen: Die Europäer seien willkommen, wenn sie auf „ehrliche Zusammenarbeit“ aus seien und sich nicht „unberechtigt in die inneren Angelegenheiten einmischen“, erklärte der algerische EU-Botschafter, Muhammad Lamari. Ein Hinweis, daß unbequemes Nachfragen über den genauen Hergang der Massaker unerwünscht sind.

Neben der Reise der EU-Vertreter habe Algerien auch dem Besuch einer Beobachtermission der UNO zugestimmt, berichtete Kinkel. Darüber, welche Spielregeln für sie und einen ebenfalls eingeladenen Sondergesandten der kanadischen Regierung gelten werden, schweigt sich Algier bisher aus. Anfang der Woche hatte Algeriens Außenminister Ahmed Attaf den US-Vorschlag zurückgewiesen, eine internationale Kommission solle die Massaker untersuchen.

Währenddessen werden aus Algerien neue Schreckensmeldungen bekannt. Mindestens 30 Menschen haben nach Angaben der französischsprachigen Tageszeitung Le Soir in der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag ihr Leben verloren. Zwei Kommandos, die den Bewaffneten Islamischen Gruppen (GIA) zugerechnet werden, haben demnach einen Vorort der Hauptstadt Algier und ein Dorf nahe der westalgerischen Stadt Relizane angegriffen. Seit Beginn des Fastenmonats Ramadan am 31. Dezember starben damit bereits über 1.000 Menschen.