Schlechte Karten für die Weltstadt Berlin

■ Die Ticketverkäufer von BVG und S-Bahn lieben die klingende Münze. Plastikgeld wird abgelehnt

Die Hauptstadt will gern Metropole sein. U- und S-Bahn, die größten deutschen Nahverkehrskonzerne, wollen gern Dienstleistungsunternehmen sein. Außerdem wollen sie gern so viel Geld einnehmen wie möglich. Sollte man meinen. Doch wenn am Bahnhof Zoo die Reisenden den funkelnden ICEs entsteigen, geben sich U- und S-Bahn alle Mühe, die Standards der Transportbranche deutlich zu senken.

Ziel des gerade Heimgekehrten ist der Kauf eines Jahrestickets für S- und U-Bahn. Erster Versuch bei der S-Bahn noch im Bahnhof: Die Frau hinter dem Tresen mußte wohl unter Androhung drakonischer Strafen dazu gezwungen werden, in der Kundenbetreuung zu arbeiten. Sie beschränkt sich auf minimale Antworten: Jahreskarte, Jahresabo, ja, was denn nun? Kostet 1.080 Mark. Kreditkarten nehmen wir nicht. Wer sein Geld nicht in Schecks oder in Tausenderbeträgen mit sich herumträgt, hat eben Pech gehabt. Es riecht schwer nach Behörde. Vor einem Jahr noch hieß es an gleicher Stelle, ein Pilotversuch mit Kreditkarten am Bahnhof Lichtenberg (!) habe sich eben nicht rentiert. Auf Wiedersehen!

Der Mensch mit dem verwegenen Kurzhaarschnitt im BVG-Pavillon vor dem Bahnhof ist wenigstens freundlich. Und plötzlich kostet die Jahreskarte auch nur noch 1.030 Mark. Doch auch die BVG ist trotz ihres jährlichen Millionendefizits an der schnellen Mark kaum interessiert: „Visacard soll irgendwann kommen, aber dafür haben wir immerhin schon Telefon“, meint der Kurzhaarige. Während also mitten in der City West die Kreditkarte nur als profanes Stück Plastik gilt, kann man bei der BVG in Moabit mit seinem guten Namen zahlen: „Am U-Bahnhof Turmstraße könnten Sie per Kreditkarte zahlen, hier am Zoo aber nicht.“ bpo