Solarfirma Atlantis steht kurz vor dem Konkurs

■ Weil Arbeitsämter Mittel kürzten, schuldet der Betrieb seinen Gläubigern 3,8 Millionen Mark

Die Kürzung von ABM-Mitteln durch die Bundesanstalt für Arbeit hat die Firma Atlantis an den Rand des Konkurses gebracht. Dem in Kreuzberg ansässigen Hersteller von Solaranlagen sperrte die Bank für Sozialwirtschaft Ende Dezember das Konto. Mittlerweile sind 3,8 Millionen Mark Verbindlichkeiten aufgelaufen, die Atlantis nicht aus eigener Kraft bezahlen kann. Die 160 Beschäftigten haben noch keine Dezember-Gehälter erhalten. Nachdem gestern die größten Gläubiger zusammengekommen waren, sagte Kreuzbergs Bürgermeister Franz Schulz jedoch: „Der Konkurs ist abgewendet.“

Die 20 Jahre alte Beschäftigungsgesellschaft Atlantis gehört zu den größten Betrieben ihrer Art in der Stadt. Mit Geld des Arbeitsamtes qualifiziert sie Arbeitslose als Monteure für Solarenergieanlagen, für umweltfreundliche Blockheizkraftwerke und in anderen Berufen. Während die Arbeitsämter ihre Zahlungen 1997 drastisch verringerten, liefen die Fixkosten von Atlantis für Mieten und Stammpersonal zunächst weiter – unter anderem dadurch entstand der Geldmangel.

Gestern berieten die Geschäftsführer mit den Gläubigern, darunter die Bank für Sozialwirtschaft, die Volksbank und der Bezirk Kreuzberg als Vermieter, wie der Konkurs abgewendet werden könnte. Beschäftigtenvertreter Jürgen Buchholz berichtete aus der Verhandlung, daß die meisten Gläubiger die Sanierung der Firma für möglich halten. Das Rettungskonzept sieht vor, daß Banken, Lieferanten und Vermieter zunächst auf 80 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Atlantis müßte nur 20 Prozent der offenen Rechnungen und Schulden begleichen.

Durch diese Lösung bekämen die Gläubiger letztlich mehr Geld als durch die Liquidierung des Betriebs und die Versteigerung seines Inventars zu Billigpreisen. Die beiden Banken, der Bezirk Kreuzberg und die Wohnungsbaugesellschaft GSW, die ebenfalls Atlantis Räume vermietet, erklärten, sie könnten das Konzept mittragen. Im Gegensatz zu zwei Lieferanten für Umwelttechnik: Würden sie verzichten, sind sie nach eigenen Angaben selbst vom Konkurs bedroht.

Mit 450 Stellen war Atlantis vor Jahren noch einer der größten Arbeitgeber im ärmsten Bezirk der Stadt. Doch die ABM-Kürzungen setzten der Gesellschaft schwer zu: Erst im vergangenen Sommer mußten zwei Geschäftsbereiche – die Fertigung von Windenergieanlagen und die Abteilung Ökobau – geschlossen werden. Dutzenden von MitarbeiterInnen wurde gekündigt. Als Reaktion versucht die Geschäftsführung nun, einen größeren Teil des Umsatzes aus dem Verkauf eigener Produkte zu bestreiten. Voraussetzung für das Stillhalten der Gläubiger ist denn auch, daß die Firma in den kommenden Tagen einen schlüssigen und ausgeglichenen Wirtschaftsplan für die nächsten Jahre vorlegt. Hannes Koch