■ Mit Montanmitbestimmung auf du und du
: Am Neutralen hängt's

Berlin (taz) – Wird der neue Stahl- und Maschinenbaukonzern Thyssen-Krupp montanmitbestimmt oder nicht – für die Belegschaft ein wichtiger Punkt. Dabei geht es vor allem um die Besetzung des Aufsichtsrates im kommenden Unternehmen. Der Aufsichtsrat kontrolliert und entläßt immerhin den Vorstand. Er hat bei wichtigen Entscheidungen das letzte Wort und wird im Vorfeld informiert.

Montanmitbestimmung räumt den Arbeitnehmern mehr Rechte ein als die normale Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz. Sie gilt für Unternehmen des Bergbaus und der eisen- und stahlverarbeitenden Industrie, wenn sie mehr als 1.000 Menschen beschäftigen. 1990 waren davon bundesweit noch 32 Firmen betroffen.

Das Montanmitbestimmungsgesetz (amtsdeutsch: MontanMitBestG) wurde 1951 auf Drängen der Gewerkschaften verabschiedet. Der Aufsichtsrat wird danach „paritätisch“ (Fifty-fifty) von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite besetzt. Diese beiden Flügel müssen sich dann auf ein neutrales weiteres Mitglied einigen. Damit soll sichergestellt werden, daß Pattsituationen im Aufsichtsrat durch den Neutralen vermieden werden. Gleichzeitig soll nicht die eine Seite ständig untergebuttert werden. Das Problem: Kommt kein gemeinsamer Vorschlag von Beschäftigten und Kapitaleignern zustande, entscheidet die Hauptversammlung der Aktionäre über den Neutralen.

Bei Thyssen war der neutrale im Aufsichtsrat zum Beispiel früher der Ex-Bundespräsident Scheel. Kampfabstimmungen im Kontrollgremium sind in Montankonzernen eher selten, weil eben die Arbeitnehmer diese weitgehenden Rechte haben. Bei der „normalen“ Mitbestimmung (MitBestG) entscheidet die Stimme des Vorsitzenden im Aufsichtsrat – und der ist von der Kapitalseite gewählt.

Bei der Montanmitbestimmung werden ArbeiterInnen vom Betriebsrat in Abstimmung mit der Gewerkschaftsspitze für den Aufsichtsrat vorgeschlagen – denn diese hat ein Vetorecht, wenn ihr die Leute aus dem Betrieb grob gesagt nicht passen.

Eine weitere Besonderheit im Montanbereich ist die Stellung des „Arbeitsdirektors“. Er sitzt mit voller Stimme im Vorstand des Montanunternehmens und ist dem Personalvorstand gleichberechtigt zugeordnet. Bei Entscheidungen über Kündigungen ist er damit entscheidend beteiligt. Der Arbeitsdirektor kann anders als bei der normalen Mitbestimmung nicht gegen die Stimmen der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat bestellt oder abberufen werden. rem