Nothilfefonds für Arbeitslose

Frankreichs Regierung will rund 300 Millionen Mark lockermachen. „Völlig unzureichend“, sagten die Arbeitslosenverbände. Sie wollen ihre Proteste fortsetzen  ■ Aus Paris Dorothea Hahn

Eine Milliarde Franc (300 Millionen Mark) – das klingt nach viel Geld. Diese Summe hat Frankreichs Premierminster Lionel Jospin gestern als „sozialen Nothilfefonds“ für die Arbeitslosen des Landes lockergemacht, nachdem er eine Nacht lang zusammen mit Arbeitsministerin Martine Aubry über mögliche Zugeständnise gebrütet hatte. Zusätzlich will er eine Sondervermittlerin berufen und die regionalen Krisenzellen beibehalten. Im Gegenzug verlangte er von der Arbeitslosenbewegung, daß sie sämtliche Besetzungen aufgebe.

„Völlig unzureichend“, kommentierten Sprecher der Arbeitslosenvereinigungen das Angebot und kündigten den Fortgang ihrer Protestbewegung an. Gestern nachmittag hielten sie noch 20 Arbeitsamtszahlstellen im ganzen Land besetzt. Vor allem kritisierten die Arbeitslosen, daß Jospin nicht auf ihre Forderung nach einer Jahresendprämie für alle Arbeitslosen sowie nach einem garantierten Mindesteinkommen von 1.500 Francs (rund 450 Mark) für alle Arbeitslosen, auch für Jugendliche unter 25 Jahren, die bislang nicht einmal Anspruch auf Sozialhilfe haben, eingegangen ist. Darüber hinaus rechneten sie, wie schon bei den vorausgegangenen kleineren Angeboten von Regierung und Arbeitslosenversicherung, aus, was die Milliarde en détail bedeuten würde: Für jeden einzelnen der offiziell registrierten 3,1 Millionen Arbeitslosen Frankreichs kämen 320 Franc dabei heraus, das sind nicht ganz 100 Mark.

Im Gegensatz zu den Arbeitsloseninitiativen AC! und Apeis, die seit Anfang der 90er Jahre entstanden sind, äußerten sich gestern die großen Gewerkschaften eher positiv über das Angebot von Jospin. Louis Viannet, der Chef der kommunistennahen CGT, die die Bewegung von Anfang an unterstützt hat, sprach von einer „ersten positiven Maßnahme“. Marc Blondel, der Chef der reformistischen FO, machte dem Premierminister das Kompliment: „Gut gespielt!“ Und selbst Nicole Notat, die Generalsekretärin der sozialdemokratischen CFDT, die sich klar gegen jede Art von Separatverhandlungen zwischen Regierung und Arbeitslosen ausgesprochen hatte, zeigt sich am Ende eines Gespräches mit dem Premierminister „abwartend positiv“.