Verklappungsverbot unterlaufen?

■ Verseuchter Schlick blieb laut zuständiger Behörde im Hafen

Die Hafenbehörde in Bremerhaven beabsichtigt, den mit dem Umweltgift TBT hochbelasteten Hafenschlick aufzuwirbeln und dann durch Öffnen der Schleusen in die Wesermündung ausdriften zu lassen. Das meldete gestern der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Damit werde das bereits bestehende Verklappungsverbot für den giftitgen Schlamm unterlaufen, so der Sprecher der Organisation, Martin Rode. „Das wäre eine illegale Sondermüll-Entsorgung der übelsten Art unter Duldung der Hausspitze im Hafenressort.“

Als „absoluten Unsinn“bezeichnete die Hafenbehörde die BUND-Meldung. Hinrich Gravert, Leiter der Hansestadt Bremische Amt Bremerhaven (HBA), erklärte, daß ein solches Auswaschen technisch unmöglich sei. „Beide Schleusentore müßten nämlich über einen langen Zeitraum gleichzeitig geöffnet werden, um die erforderliche Wasserströmung zu erzeugen. Dabei würden bei Ebbe erst der Hafen leerlaufen und dann die Kajen einstürzen.“

Bestätigt wurde aber von HBA-Leiter Gravert, daß letzte Woche Arbeiten im Hafenbecken mit dem Wasserinjektionsgerät „Hol Deep“durchgeführt wurden. Dünne Schlickschichten seien Stellenweise abgetragen worden, um sie in tiefere Hafengegenden abzulagern. Dabei wurden die Schlamme durch ein Rohr in tiefere Hafengegenden gepustet. Schichten mit älterem Schlick wurden dabei aber nicht abgetragen, so Gravert.

Doch schon die Aufwirbelung der oberen Schichten des Hafenschlamms, so BUND-Sprecher Rode, könne erhebliche Folgen haben. „Nach neueren Messungen sind die oberen Schichten stärker belastet, als die unteren.“An der Version, daß keine Schlicke beim normalen Schleusenbetrieb nach außen gelangen können, hat Rode seine Zweifel. „Wenn man das zeitlich klug anstellt, geht das durchaus.“

Die Schlämme des Bremerhavener Hafens sind so hochgradig mit dem Umweltgift Tributylzinn (TBT) verseucht, daß sie nicht mehr in der Nordsee verklappt werden dürfen. Im Frühjahr muß die Fahrrinne wieder ausgebaggert werden. Mit der Chemikalie TBT werden Schiffsrumpfe bestrichen, damit sich keine Algen und Muscheln festsetzen und das Schiff besser gleitet. Die höchsten Konzentrationen wurden in der Nähe von Werften gemessen. Eine hohe TBT-Konzentration kann den Hormonhaushalt von Mensch und Tier zerstören und gilt als krebserregend. cd