Wer Lust hat, soll halt spielen

Daß der Hallenfußball „tot“ sei, hat Uli Hoeneß nie gesagt. Er lebt, assistiert Bruder Dieter beim Berliner Hallenpokal, ist aber „vor allem eine Dienstleistung“  ■ Aus Berlin Gerald Kleffmann

Uli Hoeneß stand vor dem Pressekonferenzraum und wußte von nichts: „Ich habe nie gesagt, der Hallenfußball sei tot. Das ist frei erfunden.“ Deutliche Worte des Managers von Bayern München, der erst vor wenigen Tagen aus seinem Urlaub zurückkehrte und sich beim Berliner Hallenturnier schnell wieder mit dem Fußballalltag konfrontiert sah. Um diese Jahreszeit heißt das fast schon traditionell: Diskutieren und debattieren über den Profikick unter dem Hallendach.

Diesmal hat sich der Deutsche Fußballbund (DFB) den Hallenpokal ausgedacht, mit einem Modus und Regelwerk, das endlich den Durchbruch in Akzeptanz und Begeisterung bei allen Beteiligten schaffen soll. Doch schon vor dem großen Finale der besten zwölf am kommenden Wochenende in München zeigt sich, daß auch diese neu eingeführte Hallenrunde vom DFB wohl wieder überarbeitet wird. Ligasekretär Wilfried Straub deutete zumindest an, daß „noch viel zu sprechen sein wird“. Und das Fußballfachblatt kicker fordert längst „eine Reform der Reform“.

Die Argumente der Kritiker ähneln sich, die Positionen sind klar verteilt. Die Großen wie Bayern München oder Borussia Dortmund wollen ihre Stars vor Verletzungen schützen, die Kleinen aus zweiter und dritter Liga wittern das dicke Geschäft, das Fernsehen spekuliert auf hohe Quoten, und der Fan – will einfach Fußball sehen.

Beleg: Beim Berliner Hallenturnier war die Max-Schmeling-Halle am Wochenende zweimal ausverkauft. Trotz eher uninteressanter Teams wie Jena, Cottbus oder Nürnberg. Von „Budenzauber“ muß man natürlich nicht reden, nichtsdestotrotz war das Geschehen in der Schmeling-Halle ganz unterhaltsam. Die Nähe, die Atmosphäre, das gesamte Spektakel unter einem Dach hat ja tatsächlich auch was für sich – vor allem für die Kinder und jugendlichen Fans.

Die Vorgabe des DFB an die 36 Profi-Klubs aus erster und zweiter Liga, an mindestens einem Hallenturnier teilnehmen zu müssen, hat seinen guten Grund. Es geht um den Zusammenhalt im deutschen Fußball – und deren Demonstration. Hansa Rostocks Trainer Ewald Lienen steht für die, die sagen: „Wer Lust hat zu spielen, soll spielen“, und es mache keinen Sinn, „quer durch die Republik zu fahren, um vor Zuschauern zu spielen, die einen nicht sehen wollen“. Für andere, wie Uli Hoeneß, ist Solidarität das Schlüsselwort: „Die kleineren Teams sollen auch die Chance haben, Geld zu verdienen. Wir könnten woanders sicherlich besser kassieren, aber durch unsere Teilnahme wollen wir uns einfach solidarisch zeigen. Mit den anderen Vereinen und den Fans.“

Daß ihn beim Hallenturnier in Berlin seine Mannschaft allerdings so wörtlich nehmen würde, hätte er sicher nicht gedacht. Das gestrige 5:1 gegen Rostock konnte nichts mehr retten; nach Pleiten gegen die unterklassigen Teams Nürnberg und Tennis Borussia Berlin war der deutsche Rekordmeister zu diesem Zeitpunkt längst sang- und klanglos ausgeschieden. Aber immerhin solidarisch.

Die für das Finale in München qualifizierten Zweitligavereine freut es in der Tat, auch mal ein bißchen aus dem großen Geldtopf abschöpfen zu dürfen. Allein die Teilnahme bringt 200.000 Mark Antrittsprämie. Das ist viel Geld für Klubs wie Unterhaching, Gütersloh oder Fortuna Köln, das sich am Samstag in Oberhausen als Finalist (1:3 gegen Schalke) qualifizierte. Die meisten großen Vereine dagegen sind auf solche Beträge nicht angewiesen.

Bis zur Saison 1999/2000 soll es den DFB-Hallenpokal geben. Erst dann will der Ligaausschuß über neue grundlegende Änderungen entscheiden. Welche Argumente sich auch letztlich durchsetzen, welcher Modus und welche Regeln angewendet werden, eines hat Hertha-BSC-Manager Dieter Hoeneß bereits erkannt: „Hallenfußball“, sagt der Bruder von Bayerns Uli, „ist vor allem ein Stück Dienstleistung der Bundesligavereine in der fußballosen Zeit. Nicht mehr und nicht weniger.“