"Das reicht noch nicht aus"

■ Peter Caesar (FDP), Justizminister von Rheinland-Pfalz, fordert nach dem Kompromiß über den Großen Lauschangriff Veränderungen. Abstimmungsverhalten des Landes im Bundesrat bleibt offen

Der Bundestag wird diese Woche das Gesetz zur akustischen Wohnraumüberwachung („Großer Lauschangriff“) verabschieden. Anschließend ist der Bundesrat gefragt. Dessen Zustimmung, voraussichtlich im Februar, ist unsicher. Alle fünf rot-grün regierten Landesregierungen sind entweder gegen die Gesetzes- und Grundrechtsänderung des Artikels 13 oder wollen sich enthalten. Zünglein an der Waage spielen somit der schwarz-rote Bremer Senat und die sozial-liberale Koalition in Rheinland-Pfalz.

taz: Herr Caesar, im Bundesrat könnte Rheinland-Pfalz mit dafür sorgen, daß das Gesetz zum sogenannten Großen Lauschangriff doch noch kippt. Wird Ihre Landesregierung dabei mithelfen?

Peter Caesar: Ich gehe davon aus, daß es Beratungen im Rechtsausschuß des Bundesrates geben wird. Die rheinland-pfälzische Landesregierung wird mehrere Abänderungsanträge stellen. Ob diese mehrheitsfähig sind, werden wir sehen. Nicht zuletzt hängt dies von der Haltung der SPD- beziehungsweise rot-grün regierten Länder ab. Erst nach Abschluß der Beratungen wird die Landesregierung über ihr Abstimmungsverhalten im Bundesrat entscheiden.

Sind Sie mit dem Kompromiß zwischen SPD und Koalition beim Großen Lauschangriff zufrieden?

Ja und nein. Er ist auf jeden Fall besser als das, was vorher auf dem Tisch lag.

Aber von Ihren früheren Kritikpunkten ist in dem Papier nicht allzuviel zu sehen.

Das ist richtig. Deshalb werde ich im Bundesrat ja auch Veränderungen fordern. Es darf etwa nicht sein, daß schon bei einem einfachen Tatverdacht abgehört werden kann. Dies sollte nur bei einem dringenden Tatverdacht möglich sein. Der Katalog der Straftaten, bei dem der Lauschangriff durchgeführt werden darf, ist meiner Ansicht nach nur durch eine Zweidrittelmehrheit zu verändern. Es kann nicht sein, daß wir hier mit der Zeit eine ständige Ausweitung haben, wie es etwa bei der Telefonüberwachung geschehen ist, deren Straftatenkatalog durch eine einfache Mehrheit neu bestimmt werden kann. Im Bonner Kompromiß fehlt mir auch die Unterrichtung des Betroffenen. Sie sollte in der Regel spätestens nach sechs Monaten erfolgen. Für den Fall, das dies nicht möglich ist, hat ein Richter seine Zustimmung zu geben. Diese drei Punkte sind für eine rechtsstaatliche Absicherung meines Erachtens notwendig.

Ausgenommen vom Lauschangriff sind nach dem Kompromiß Gespräche mit Geistlichen, zwischen Strafverteidigern und ihren Mandanten und mit Abgeordneten. Halten Sie diese Eingrenzung für ausreichend?

Nein, auf keinen Fall. Diese Differenzierung von Personen, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, also zwischen Pfarrern, Strafverteidigern, Abgeordneten einerseits und Ärzten, Journalisten, Anwälten andererseits, kann ich nicht nachvollziehen. Stimmig ist das nicht. Konsequent wäre ein Beweiserhebungsverbot für Angehörige all der Berufsgruppen, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Einen entsprechenden Änderungsantrag möchte ich im Bundesrat einbringen.

Sind Sie mit der Rolle der FDP im Bund zufrieden?

Man muß ganz klar sehen, daß diejenigen, die noch viel weitgehendere Forderungen hatten, nicht nur bei der CSU, sondern auch bei Teilen der Bonner SPD anzutreffen waren. Insofern war die FDP in einer schwierigen Lage.

Befürchten Sie, daß die rheinland-pfälzische SPD auf die Linie der Bonner Sozialdemokraten einschwenkt?

Das bleibt abzuwarten. Bis jetzt habe ich dafür aber keine Anzeichen.

Stellen Sie sich mit Ihrer Haltung nicht gegen die Bonner FDP?

Nein, das glaube ich nicht. Meine Änderungsanträge sind durch den Mitgliederentscheid der FDP zum Großen Lauschangriff gedeckt. Das eigentliche Problem wird die Haltung der SPD-Kollegen im Bundesrat sein. Sie werden sich positionieren müssen. Wieweit die Bundes-SPD auf die Innen- und Rechtspolitiker in den Ländern Einfluß nehmen wird – sie will das Thema sicherlich schnell vom Tisch haben –, bleibt dann abzuwarten. Interview: Severin Weiland