„Menschen statt Mauern“

■ Jugendsenatorin Stahmer stellt Konzepte für straffällige unmündige Kinder vor. Ambulante und stationäre Modelle statt „Trutzburgen“

Spekulationen, wie der Senat mit delinquenten strafunmündigen Kindern verfahren will, sind jetzt erst mal ein Ende gesetzt: Jugendsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) stellte gestern neue Konzepte zu deren Unterbringung vor. Die Senatorin sprach sich gegen „Trutzburgen“ aus, „die die Kinder wegschließen“. Statt dessen setzt Stahmer auf ambulante und stationäre Modelle, die von freien Trägern umgesetzt werden sollen.

So soll ein Streetwork-Projekt am Bahnhof Zoo nach Angaben von Harald Ehlert von der Treberhilfe e.V. mit mehr Einzelhilfe erweitert werden. Für dieses Projekt will Stahmers Behörde zwei Teilzeitstellen einrichten. Aus dem Programm „Jugend mit Zukunft“ sollen 200.000 Mark fließen. In einem weiteren Projekt sollen 12 bis 14 Plätze in zwei Einrichtungen „mit hoher Verbindlichkeit“ geschaffen werden.

Das sei „der vornehme Ausdruck für geschlossene Einrichtungen“, sagte Stahmer. Hierbei handele es sich um eine besondere Betreuung nach der Devise „Menschen statt Mauern“.

Die Zahlen straffälliger Kinder seien so gering, sagte Stahmer weiter, „daß man sich wundern muß, wieviel Wind drum gemacht wird“. Von den 250.000 Kinder unter 8 Jahren in Berlin seien im vergangenen Jahr nur 611, das sind 0,2 Prozent, tatverdächtig gewesen.

Bei den 8 bis 14jährigen seien es 4,4 Prozent gewesen. Dafür gebe es aber bei einer „Problemgruppe von 100 bis 150 Kindern“ eine „sehr intensive Delikthäufigkeit“, räumte die Jugendsenatorin ein. Dabei handle es sich um Kinder, „deren familiäres Umfeld so zerstört oder geschädigt ist, daß sie sich dem familären Einfluß entzogen haben und auf der Straße leben.“ Diebstahl sei zu deren Überlebensstrategie geworden. Nur 50 Kinder dieser Gruppe, seien Deutsche. Der Rest seien überwiegend Rumänen, sagte Stahmer weiter. Stahmer will die Rückführung dieser Kinder soll in Zusammenarbeit mit der Ausländerbeauftragten beschleunigen. In Rumänien sei die Jugendhilfe mittlerweile so weit entwickelt, daß das zulässig sei. Die Jugendsenatorin sagte, daß sich ihre Vorschläge „in voller Übereinstimmung mit dem Justizsenator“ befänden. Erhart Körting (SPD) hatte kürzlich mit seiner Forderung nach geschlossenen Heimen für Aufregung gesorgt. Karen Wientgen

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