Verlieren ist gut gegen das Mißtrauen

■ Jenny Thompson, nicht die Hamburgerin Sandra Völker, gewinnt bei der Schwimm-WM in Perth die prestigeträchtigen 100-m-Freistil

Berlin (taz) – Bei der Wende führte sie noch – und am Ende nicht mehr. „Ich konnte es nicht halten“, sagte Sandra Völker. Die Schwimmerin auf Bahn drei merkte, wie die Konkurrenz an ihr vorbeizog, konnte aber nichts dagegen unternehmen. „Ich habe“, sagte Völker etwas bedröppelt, „meine Arme nicht mehr über das Wasser gekriegt.“ Die US-Amerikanerin Jenny Thompson schon, und so wurde gestern in Perth in 54,95 sec Weltmeisterin über 100-m-Freistil, der publicityträchtigsten aller Schwimmstrecken.

Fünfmal olympisches Gold hat die Veteranin Thompson (24) in ihrer Sammlung. Sie realisierte besser als die deutsche Mitfavoritin (55,33), daß der Sieg nicht über eine schnelle Zeit vergeben würde. Völker (23) ging „definitiv zu schnell an“ und verschätzte sich auch noch beim Anschlag. Hart, denn: „Man giert doch auf eine Medaille“, sagt Völker.

Die 100-m-Freistil sind eine (ost) deutsche Traditionsstrecke. Fünf von acht WM-Titeln holten Deutsche, darunter Ender, Krause und Kirstin Otto. In diese Ehren-oder-auch-nicht-Galerie hat sich die Hamburgerin Völker nicht einreihen können – das mag die herausragende deutsche Athletin grämen, wird aber der allgemeinen Stimmung in Perth nicht schaden.

Eine Entscheidung über den Teamchef Winfried Leopold steht noch aus. Der hatte dem Weltverband verschwiegen, daß er einst beim Dopen ostdeutscher Schwimmer mitmachte. So mag der relative Mißerfolg des DSV (sechs von acht DSV-Startern schieden in den Vorläufen aus, darunter auch der hocheingeschätzte Leipziger Brustschwimmer Jens Kruppa) am ersten Tag beruhigend wirken 5 auf die anderen. DSV-Präsident Tretow hat der Welt mitgeteilt, daß „wir sauber sind“. Verlieren ist das wirksamste Mittel gegen Mißtrauen. Wenn es so weitergeht, kann man bald wieder die üblichen Verdächtigen verhaften. pu