„Das ist immer derselbe Jasper“

■ Jasper Van't Hof spielt heute mit Pili Pili. Über sein neues Konzeptalbum „Nomansland“sprach er mit der taz

taz: Herr Van't Hof, die alten, treuen Fans von Pili Pili, die bei den Konzerten immer so gerne ausgelassen getanzt haben, müssen sich bei diesem Konzert wohl umstellen. Denn hier ist alles ruhiger, und es wird viel mehr gesungen. Warum dieser Bruch?

Jasper Van't Hof: Es gibt drei afrikanische Sängerinnen bei dieser Variation von Pili Pili, und das ganze Konzept ist textbezogen, denn ich will hier von der Sklaverei erzählen. Und so habe ich zuerst die Geschichte geschrieben und dann die Musik dazu komponiert. Das ganze Programm basiert auf zehn Melodien.

Aber war es so klug, alle Texte in verschiedenen afrikanischen Sprachen singen zu lassen, die hier kaum jemand versteht, so daß eigentlich ein Konzert mit Untertiteln nötig wäre?

Es gibt wahrscheinlich niemanden in Deutschland, der die Sprachen Susu, Bambara oder Malike versteht, aber ich halte das für kein großes Problem, denn sonst würde man hier ja nur Musik mit deutschen Texten hören wollen. Pili Pili hat nun einmal afrikanische Wurzeln und ist daher auch in dieser Beziehung etwas anderes.

Auf dem CD-Leaflet kann man ja immerhin nachlesen, worum es in den Liedern geht. Aber selbst dort sind die Texte nicht wörtlich übersetzt. Werden Sie im Konzert den Schwerpunkt daher mehr auf die instrumentale Musik legen?

Natürlich mußten wir bei der CD viel komprimierter spielen. Dort hatten wir für alles eine Stunde Zeit, bei Konzerten haben wir gut zwei Stunden. Aber das Verhältnis zwischen Gesang und den Jazzimprovisationen von mir, dem Saxophonisten Tony Lakatos und der Posaunistin Annie Whitehead wird etwa so bleiben wie auf der CD angelegt.

Auch die Grundstimmung ist diesmal viel düsterer als bei allem, was man vorher von Pili Pili gehört hat.

Wenn man ein Konzeptalbum über die Sklaverei macht, ist die vorherrschende Stimmung natürlich traurig. Es war mir unmöglich, da ein glückliches, ausgelassenes Stück einzufügen. Ich habe mit den Stationen eines Sklaventransports jeweils die musikalischen Einflüße in meinen Kompositionen verwendet. Das beginnt in Nordwest-Afrika, geht über die lateinamerikanischen Inseln wie Kuba und endet in den USA beim Blues und der Gospelmusik von New Orleans.

Haben Sie für dieses Programm sowohl musikalisch wie auch geschichtlich viel recherchiert?

Aufgrund meiner Arbeit mit afrikanischer Musik sind viele Leute aus Guinea, Gambia und Mali zu mir gekommen mit authentischen Stücken aus dieser Periode, die dort auch jetzt noch gespielt werden. Etwa ein halbes Jahr lang habe ich diese Musik und die dazugehörige Atmosphäre auf mich einwirken lassen. Als ich dann glaubte, das richtige Gefühl dafür zu haben, begann ich zu schreiben und zu komponieren.

Pili Pili ist ja insofern ein Phänomen, als daß Sie als europäischer Jazzmusiker Ihren größten Erfolg mit afrikanischer Musik feierten. Im Grunde haben Sie ja nur ein Stück mit dem Namen Pili Pili aufnehmen wollen, aber das ist dann solch ein Erfolg geworden, daß darauf eine ganze alternative Karriere gründet, und die meisten ZuhörerInnen kennen Sie jetzt nur noch durch diese Musik.

Ich mußte 1984 eine Schallplatte aufnehmen, während ich gerade in Afrika getourt haben. Auf dem Rückweg im Flugzeug habe ich mich entschieden, diese Platte mit einer afrikanischen Rhythmusgruppe zu machen. So ist Pili Pili entstanden, und der riesige Erfolg war dann auch für mich ein Schock. Vielleicht denken viele Leute, daß dies eine andere Seite von mir ist, aber so ist es gar nicht. Denn die emotionale Athmosphäre, die in meiner Jazzmusik herrscht, ist genau die gleiche wie bei Pili Pili. Nur dabei geht es nicht nur darum, wieviel Scales du in einer Minute rausdrücken kannst, wie meistens im Jazz, sondern es geht dort auch um Melodien und Texte. Im Jazz dreht sich leider oft alles nur um den Solisten. Aber egal ob ich nun mit Charlie Mariano, Dave Friedman, Edward Vesala oder Pili Pili spiele – das ist immer derselbe Jasper.

Das Interview führte Wilfried Hippen

Pili Pili spielt heute abend ab 20 Uhr im Modernes