Im Stechschritt in den Wahlkampf

■ Die Christdemokraten entdecken die Bundeswehr als Wahlkampfthema und wollen sie mit dem öffentlichen Gelöbnis am 13. August instrumentalisieren. Die Bundeswehr dementiert Informationen über ein zweites öff

Mit Hilfe der Bundeswehr will die CDU in Berlin den Bundestagswahlkampf starten. Diesen Vorwurf erhebt nicht nur die Berliner SPD. Auch die Oppositionsparteien im Abgeordnetenhaus gehen davon aus, daß mit dem angekündigten öffentlichen Rekrutengelöbnis am 13. August vor dem Roten Rathaus die Bundeswehr von Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) instrumentalisiert werden soll.

Der PDS-Abgeordnete Benjamin Hoff sagte, daß die CDU neben der inneren Sicherheit nun auch die Bundeswehr als Wahlkampfthema entdeckt hat. Die bündnisgrüne Abgeordnete Ursula Hertel-Lenz erinnerte an den gestern eingerichteten parlamentarischen Untersuchungsausschuß, der die rechtsradikalen Vorfälle in Rühes starker Truppe aufklären soll. Mit der Ankündigung des Gelöbnisses, so die Abgeordnete, solle offenbar davon abgelenkt werden.

Bereits am Wochenende hatten der SPD-Landesvorsitzende Detlef Dzembritzki sowie der SPD- Fraktionsvorsitzende Klaus Böger in einem Schreiben Rühe vorgeworfen, das angekündigte Gelöbnis am 13. August zu Wahlkampfzwecken zu mißbrauchen. Die Antwort kam prompt – aber nicht vom Verteidigungsminister, sondern vom Berliner Koordinator des Bundestagswahlkampfes, dem Kreuzberger Bundestagsabgeordneten Jochen Feilcke.

Zwar dementiert Feilcke den SPD-Vorwurf, aber nur um ihn indirekt zu bestätigen. „Möglicherweise befürchten Sie“, schrieb Feilcke an Dzembritzki und Böger, „daß Mitglieder Ihrer Partei, nämlich Jungsozialisten, den Versuch unternehmen werden, ein öffentliches Gelöbnis zu stören. Möglicherweise vermuten Sie, daß dadurch tatsächlich eine öffentliche Diskussion in Berlin entfacht wird, die am Ende zu Ihrem Nachteil ausgeht.“

Zuvor hatte schon Senatssprecher Michael Andreas Butz erklärt, im Zusammenhang mit dem Gelöbnis werde sich zeigen, welche Partei welches Verhältnis zur Bundeswehr habe. Der SPD-Fraktionssprecher Peter Stadtmüller erklärte gestern gegenüber der taz, daß der Brief Feilckes in die Wahlkampfrichtung gehe.

Unterdessen sagte Christian Herz von der Kampagne gegen Wehrpflicht, daß es Informationen gebe, wonach die Bundeswehr nebem dem 13. August ein zweites öffentliches Gelöbnis plane. Termin sei der 25. Juni am Platz der Luftbrücke. Damit würde das Rekrutengelöbnis am Beginn der Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Berliner Luftbrücke stehen. Herz beruft sich dabei auf Absprachen zwischen der Bundeswehr und dem Bezirksamt Tempelhof. Bereits im vergangenen Jahr hatte das Bezirksamt die Streitkräfte offiziell nach Tempelhof eingeladen, um dort ein öffentliches Gelöbnis abzuhalten. Bei der Informations- und Pressestelle der Bundeswehr wurde dieser Termin allerdings dementiert. Außer dem Gelöbnis am 13. August sei keine weitere öffentliche Rekrutenvereidigung geplant. Uwe Rada

Interview Seite 22