■ Gegen die Krise in Südostasien hilft langfristig nur Demokratie
: Das Ende des asiatischen Modells?

Die Wirtschaftskrise in Südostasien ist nach wie vor dramatisch. Die Tiefe der Krise hat einige Beobachter veranlaßt, vom Ende des asiatischen Wirtschaftsmodells zu sprechen. Doch dies ist ebenso vorschnell, wie es in der Vergangenheit überzogen war, das Wachstum in Asien als Ende des Kapitalismus westlicher Prägung zu interpretieren.

Die asiatischen Schwellen- und Industrieländer verfügen natürlich nach wie vor über ein hohes Maß an technologisch-industrieller Kompetenz. Von Seoul bis Kuala Lumpur haben Unternehmen eine Vielzahl von günstigen Voraussetzungen für eine mittelfristig positive wirtschaftliche Entwicklung. Ob wir heute den Niedergang des asiatischen Modells beobachten können oder ob sich die Krise als Beginn einer politischen und ökonomischen Transformation erweist, darüber wird man erst in der nächsten Dekade seriös urteilen können.

Die asiatischen Länder könnten die Krise für einen erneuten Entwicklungsschub nutzen. Dabei geht es einerseits um ökonomische Anpassungsprozesse in den Finanz- und Regulierungssystemen. Entscheidend ist jedoch eine nachholende politische Modernisierung. Denn in fast allen Ländern Südostasien fehlten in der Vergangenheit Transparenz und Offenheit – zunehmende Korruption und blockierte Institutionen waren die Folge. So funktionierte das asiatische Modell vor allem, weil die Regierungen stetige Wohlstandszuwächse vorweisen konnten. Die autokratischen Regime sind jedoch heute mit der Steuerung ihrer komplexer gewordenen Ökonomien überfordert.

Der Wahlsieg Kim Dae Jungs in Süd-Korea könnte eine Chance zum politischen Wandel bieten. Süd-Korea hat in der Krise die Chance, einen Prozeß der nachholenden politischen Entwicklung durchzusetzen. Taiwan durchläuft bereits seit einer Dekade eine beachtliche Öffnung seines politischen Systems – und bleibt von der Krise bisher weitgehend verschont.

Neben der Demokratisierung wird sich an der Frage nach der sozialen Verteilung der Krisenlasten die Zukunft des asiatischen Modells entscheiden. Das Beispiel Indonesiens zeigt, daß eine Schonung der privaten Vermögensbesitzer auf Kosten der ärmeren Schichten politisch höchst brisant wäre. Die bislang nicht offiziell bestätigte Bereitschaft Präsident Suhartos, einen Teil seines Privatvermögens für die Stabilisierung der indonesischen Wirtschaft einzusetzen, könnte zumindest auf Lernfähigkeit der asiatischen Eliten hinweisen. Der Westen sollte die Region nicht zu rasch als Wettbewerber abschreiben. Heribert Dieter, Dirk Messner

Mitarbeiter des Institut für Entwicklung und Frieden, Duisburg