Zuckerpüppchen mit Schlangenangst

■ Walzertanzende Tankerkönige, porschefahrende Kashmir-Yuppies und verdauungsfreudige Öko-Terroristen: Härtetest von Bohm-Schüler Janek Rieke feiert eine Riemannfreie Klischee-Orgie

Jonas gehört nicht zu den aufregenden Typen: Er wohnt noch bei seinen Eltern, ist 26 Jahre alt und ein Weichei. Er weigert sich standhaft, in Länder zu verreisen, in denen ihm eine Schlange über den Weg kriechen könnte. Außerdem fährt er nie zu schnell Auto und nimmt noch nicht mal Drogen. Und weil das seiner Freundin mächtig auf den Keks geht, kommt es gleich zu Anfang des Filmes zu einer gelungenen Katastrophe.

Härtetest ist Janek Riekes erster Spielfilm. Der Hark- Bohm-Schüler und erfolgreiche Absolvent des Regie-Studiums am Hamburger Institut für Theater, Musiktheater und Film spielt selbst die Hauptrolle, das Zuckerpüppchen Jonas, Sohn eines wohlhabenden Reedereibesitzers. Mit ganz eindeutig umrissenen Charakteren schildert der Film die Geschichte des schüchternen Muttersöhnchens und Frauenmuffels, der sich von der Lebensmittelindustrie, rechten Fußball-Prolls und seinen Neurosen den Tagesablauf diktieren läßt.

Telefonzellenzerstörende Skins, ein angesichts ölverklebter Seevögel walzertanzender Tankerkönig, ein langhaariger Fahrradfahrer, dessen Drahtesel von kurzhaarigen Ford-Fahrern zertrümmert wird: eine Klischee-Orgie aus geschickt plazierten Rückblenden, treffsicheren Schnitten und einer Akustik, die jedem einzelnen Bild gerecht wird.

Studentenvater Hark Bohm himself spielt die Rolle eines Seelenklempners, der sich vergeblich bemüht, Jonas die Angst vor Schlangen zu nehmen. Sehr überzeugend auch Sebastian Münster in der Rolle des obercoolen Thilo, der im Gegensatz zu seinem Freund Jonas weiß, wie man mit Frauen umspringt: „Es gibt Frauen, die reden über Emanzipation. Das ist okay. Und es gibt Frauen, die leben diesen Schwachsinn. Mit denen hast du nichts als Ärger.“Klare Worte, gesprochen von einem porschefahrenden Kashmir-Yuppie. Und als Jonas sich in die fahrradfahrende Öko-Terroristin Lena verliebt, scheint Ärger vorprogrammiert. Denn nun gilt es, politisch korrekt gegen Neonazis vorzugehen und im wahrsten Sinne des Wortes auf genmanipuliertes Gemüse zu scheißen. Das will gelernt sein, denn die kollektive Darmentleerung in aufgeschnittene, biotechnisch manipulierte Kürbisse ist nicht jedermanns Sache, und schon gar nicht die von Jonas. Schließlich geht es auch darum, sich mit Lenas WG-Mitbewohner zu arrangieren, einem hünenhaften Öko-Krieger, der mit dem Bengel aus Blankenese nicht allzuviel anfangen kann.

Running Gags, herausragender Dialogwitz und lockere Professionalität: Härtetest ist leichte Kost, reiht sich aber nicht ein in die Klamauk-Serie deutscher Komödien mit Katja-Riemann-Dauerabo. Für Ersatz ist gesorgt: Rudi Völler stellt seine blonden Löckchen für eine kurze Szene zur Verfügung.

Carsten Hansen

Abaton