Mit den Fleischrindern ist nicht zu spaßen

Für die einen ist es eine dröge Messe, für andere die tollste überhaupt: Auf der morgen beginnenden 63. Grünen Woche bekommen Tiere ihre „Bettchen“, Echsen einen eigenen Wasserfall und Begonien einen asiatischen Touch  ■ Von Karen Wientgen

Aufheulende Bohrer und Sägegeräusche in der Tierhalle. Die letzten Bretter werden von Männern in blauen Arbeitshosen an den Gehegen befestigt. Mit einer Heugabel verteilt ein Mann Stroh in den Verschlägen. Jetzt fehlen nur noch die Tiere.

Die sollen heute, ein Tag vor Eröffnung der Grünen Woche, aus ganz Deutschland eintreffen. Für Axel Thimm, Leiter des Geschäftsbereichs Messen und Ausstellungen bei der Messe Berlin GmbH, ist das „der große Streßtag“. Immerhin werden 175 Fleischrinder und Kälber, über hundert Ponys, zehn Pferde – „insgesamt 600 Großtiere“ – erwartet. Da mit den großen Fleischrindern nicht zu spaßen sei, gebe es „große Sicherheitsvorkehrungen.“ Die Tiere werden direkt vor die Eingänge der Halle 25 gefahren und sofort in ihre Boxen gebracht. „Jedes bekommt sein Bettchen“, so Thimm. Es entstehe „ein richtiger Bauernhof“. Denn die Tiere kommen nicht alleine, sie bringen ihre Pfleger mit.

Die Grüne Woche „ist eine der kompliziertesten Veranstaltungen“, sagt Messeleiter Thimm, weil sie wegen der Tiere, Pflanzen und Vorführungen „so vielfältig ist“. Bei anderen Veranstaltungen würden nur Stände vermietet. Pflanzen dagegen seien delikater. So war bei einer früheren Grünen Woche ein Dorfplatz mit blühenden Kastanien vorgesehen. „Doch die Messebesucher sahen nur die Knospen, denn die Bäume begannen erst nach zehn Tagen zu blühen.“ Das milde Klima in diesem Jahr sei „eine sehr große Hilfe für das Einräumen der Pflanzen“ gewesen.

Nicht nur in der Tierhalle laufen die Vorbereitungen für die Grüne Messe: In der Blumenhalle setzen Gärtnerinnen rote Begonien auf treppenförmige Podeste, die asiatischen Reisterrassen nachempfunden sind. Dahinter bepflanzen einige Männer sechs Gräber mit Grüngewächsen. Die „Friedhof Treuhand Berlin“, die mit Gräberpflege ihr Geld verdient, hofft auf „reichlich Zulauf beim Infostand“, erzählt ein Mitarbeiter. In der Bierhalle wird noch an den Ständen gewerkelt und in Halle 2.1 setzten Mitglieder der „Humboldtrose“ e.V. Echsen in den aufwendig hergerichteten Terrarien aus.

Die Mehrheit der Aussteller ist vor zwei Wochen gekommen, um ihre Stände für die Messe herzurichten. Der Verein für Aquarien- und Terrarienkunde „Humboldtrose“ bastelt nach eigenen Angaben schon seit Dezember vergangenen Jahres an seinem Stand herum. Die Vorarbeiten hätten bereits im Oktober begonnen. Dafür sind aber auch die Terrarien perfekt geworden: In den Glasbehältern wuchert eine üppige Vegetation, in einem ist sogar ein kleiner Wasserfall angelegt.

Der Fleiß und die Begeisterung solcher Vereine macht die Grüne Woche für Messeleiter Thimm besonders reizvoll: „Es macht Spaß, wenn man sieht, wie Kleintierzüchter ihre Freizeit opfern, um einmal ihr Hobby zu präsentieren.“ Bei anderen Messen gehe es nüchterner zu. Die Vielzahl von Vereinen und kleinen Betrieben sorge aber auch für mehr Arbeit. „Je kleiner die Aussteller, desto unerfahrener sind sie, und desto mehr brauchen sie Rat und Tat.“ Dagegen müsse einer großen Firma nur der Stand zugewiesen werden.

Was mußte sonst noch im Vorfeld organisiert werden? Bevor die Aussteller kamen, legte Dieter Pasierbsky, Leiter der Veranstaltungstechnik, mit seinen 30 Mitarbeitern die Wasseranschlüsse. Seit Anfang Januar war dann der Verkehr der Transporter mit Blumen, Holz und Farbe zu organisieren, damit sich diese nicht gegenseitig im Weg stehen. Außerdem mußte der Besucherstrom – Thimm rechnet mit täglich 600 Bussen – im Vorfeld schon geregelt werden.

Vorbereitungen müssen auch für die nobleren Gäste, wie den Bundeskanzler oder den Landwirtschaftsminister, getroffen werden. Anläßlich des Ost-West- Agrarforums werden auch osteuropäische Landwirtschaftsminister erwartet. Da muß herausgefunden werden, für was sie sich interessieren, und der entsprechende Dolmetscher aufgetrieben werden.