Menschen, wollt ihr ewig leben?

■ Mit einem körpereigenen Enzym überlisteten US-Mediziner die biologische Uhr des Menschen – bisher nur im Reagenzglas

Berlin (taz) – Etappensieg auf dem Weg zum ewigen Leben: US- Forschern ist es gelungen, die Lebensdauer von menschlichen Zellen zu verlängern. Das Forscherteam am Southwestern Medical Center der Universität in Dallas hofft, daß es mit ihrer Entdeckung das Altern von Zellen überwinden kann. Allerdings sind die Versuche bisher nur bei Zellkulturen im Labor durchgeführt worden. „Wir versprechen uns eine Verlängerung der Lebensspanne des Menschen“, erläuterte der Forscher Woodring Wright gestern.

Zunächst wollen die Mediziner Patienten Zellen entnehmen, verjüngen und manipulieren, um damit eine Reihe von Krankheiten und genetischer Defekte zu behandeln. Nach Bekanntgabe der Ergebnisse stiegen die Aktien des kooperierenden Biotech-Unternehmens Geron blitzartig um vierzig Prozent. Normalerweise haben menschliche Zellen nur eine begrenzte Lebensdauer, schreibt das Forscherteam um Wright in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science. Ist die biologische Uhr abgelaufen, stirbt die Zelle. Gesteuert wird die Lebendauer der Zellen von den als Telomeren bezeichneten Endabschnitten der Chromosomen. Die 46 Chromosomen des Menschen tragen seine Erbinformation. Die Telomere bestehen aus mehreren tausend Kopien eines winzigen Stücks des Erbgutes. Schon mit der Geburt fängt die Lebensuhr an zu ticken. Bei jeder Zellteilung werden mit der Erbsubstanz (DNA) auch die Telomere verdoppelt und an die jeweiligen Tochterzellen weitergegeben. Mit jeder Zellteilung verlieren allerdings die Endabschnitte etwa 50 DNA-Bausteine. Nach rund 100 Zellteilungen sind die Telomere schließlich zu kurz. Die Zelluhr ist abgelaufen.

Nur Keim- und Krebszellen teilen sich dagegen fast unbegrenzt. Bei ihnen können sich die Telomere mit Hilfe des Telomerase- Enzyms immer wieder verlängern. Diesen natürlichen Mechanismus nutzten die US-Wissenschaftler nun aus, indem sie das Enzym künstlich in die Menschenzellen eingeschleusten.

Noch ist die Frage offen, ob es auch im Körper des Menschen gelingen kann, die Lebensdauer von einzelnen Zellen zu verlängern, ohne daß das Zellwachstum überhand nimmt. Dem Patienten könnte unter Umständen dann zwar bei seiner Krankheit geholfen werden, dafür würde er aber unter unkontrolliertem Zellwachstum leiden – sprich einem Tumor. Wolfgang Löhr