Bundeswehr unter der Lupe

Der Verteidigungsausschuß hat die Untersuchung der rechtsextremistischen Vorfälle gestern aufgenommen. Rechtsextremist Roeder blieb vor der Tür  ■ Aus Bonn Bettina Gaus

„Die SPD muß aufpassen, daß sie sich nicht auf dem Beifahrersitz der Grünen wiederfindet“, warnte die CDU/CSU-Fraktion gestern in einer Pressemitteilung. Da paßt die SPD offenbar höllisch auf: Bereits im Vorfeld der konstituierenden Sitzung des Untersuchungsausschusses zur Aufklärung rechtsextremistischer Vorfälle bei der Bundeswehr zeichnete sich ab, daß die Sozialdemokraten in wesentlichen Fragen auf der Seite der Regierungsparteien stehen.

Die grüne Abgeordnete Angelika Beer hält den Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Kurt Rossmanith (CSU), den man laut Gerichtsurteil straffrei „Nazi- Fan“ nennen darf, für „befangen“. Sie wünscht, daß er den Vorsitz niederlegt. Dagegen erklärte SPD- Wehrexperte Walter Kolbow, Rossmanith habe zwar „Fehler begangen“, diese disqualifizierten ihn aber nicht als Vorsitzenden.

Auch inhaltlich gibt es innerhalb des Lagers der Opposition Differenzen. Kolbow vertritt die Ansicht, angesichts der knappen Zeit könne der Ausschuß nicht mehr leisten, als konkrete Einzelfälle zu „durchleuchten“. Die Grünen möchten dagegen untersuchen, welche strukturellen Mängel in der Bundeswehr die Vorfälle überhaupt ermöglicht haben – ein Vorhaben, das sich nur gemeinsam mit der SPD durchsetzen ließe.

Die Unionsfraktion hält die Einsetzung des Untersuchungsausschusses insgesamt für „unnötig und schädlich“. Die Führung der Bundeswehr habe selbst das geeignete Instrumentarium, um alle bekannten Vorfälle „zu untersuchen und zu ahnden“.

Aus den jüngsten Berichten der Hardthöhe zum Vortrag des Rechtsextremisten Manfred Roeder an der Hamburger Führungsakademie und anderen Vorfällen bei der Bundeswehr ergibt sich ein Bild, das Verteidigungsminister Volker Rühe stärken dürfte. Dem ehemaligen Kommandeur der Führungsakademie seien keine „Dienstpflichtverletzungen“ vorzuwerfen, heißt es darin. Einige Vorkommnisse sollen außerdem den Berichten zufolge gar nicht stattgefunden haben. Bei anderen, wie der Überlassung von Fahrzeugen der Bundeswehr an den Rechtsextremisten Roeder, habe es zwar „Verfahrensfehler“ gegeben, aber „jeder Fehler für sich“ liege „im normalen Versagungsbereich“.

Wie weit Gutgläubigkeit oder auch Ahnungslosigkeit bei einigen Offizieren der Führungsakademie verbreitet sind, läßt sich einer Aussage vom früheren Chef des Akademiestabes über das Thema des Roeder-Vortrages entnehmen: „Mir war zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt, daß das Thema „Königsberg“ rechtsradikal besetzt sei.

Der Umgang mit Roeder bereitet jetzt dem Untersuchungsausschuß Probleme. Als Zeuge soll er nicht geladen werden, damit er keine Gelegenheit erhält, das Gremium als Forum für die Verbreitung seiner Ansichten zu mißbrauchen. Er hat jedoch angekündigt, als Zuschauer an öffentlichen Sitzungen teilnehmen zu wollen. Das ließe sich verhindern, wenn er als Zeuge benannt, dann aber nicht gehört würde. Dieser elegante Ausweg scheitert jedoch vermutlich daran, daß niemand ihn als Zeugen benennen will. Gestern wurde Roeder zunächst einmal der Zutritt zum Abgeordnetenhaus verweigert – die Sitzung war nicht öffentlich.