Schokoreinheitskuhcoup

■ Bremer Schoko-Edel-Schmieden verzichten auf Billigfett / EU beschließt für Deutschland Reinheitsgebot / Grüne fordern Kennzeichnungspflicht / Lila Kuh bald 25 Jahre

Die Bremer Schoko-Bosse bleiben dem Reinheitsgebot für ihre Süßigkeiten treu. Viele europäische Billiganbieter kippen günstige Pflanzenfette in ihre Schoko-Rezepturen, um ihre Gewinne so schamlos in die Höhe zu treiben. Bei Kraft-Jacobs-Suchardt (KJS) und Hachez in der Bremer Neustadt bleibt es dagegen bei der edlen Kakaobutter, damit den Schokoladen-Liebhabern der bittere Beigeschmack nicht aufstößt.

Den schmutzigen Kakao-Krieg hatten Billig-Hersteller in Deutschland soweit getrieben, daß sich die EU schließlich mit dem Problem auseinandersetzen mußte. Im Grunde war das deutsche Schoko-Reinheitsgebot nämlich wettbewerbsverzerrend, weil es in anderen Ländern nicht gilt. Vor allem die Briten produzieren offensichtlich mit viel billigem Pflanzenfett und verscheuern die 2.-Klasse-Tafeln ohne besondere Kennzeichnung auch hierzulande. Jetzt hat sich die EU auf Drängen der wettbewerbsgebeutelten Länder Deutschland und Frankreich aber wieder von der geplanten liberalen Schokorichtlinie verabschiedet.

Den Bremern war es von Anfang an schnurzpiepegal. Die weihnachtlichen Restnikoläuse und die kommenden Schokoeier zu Ostern hätten ohnehin bedenkenlos zu überschüssigen Pfunden und Karies verarbeitet werden können. Denn bereits vor dem EU-Schoko-Krieg hieß es klar und deutlich aus Bremens Schoko-Edel-Schmieden: Wir benutzen weiter die gute alte Kakao-Butter.

„Die ist nämlich absolut geschmacksneutral und damit unverzichtbar, um unsere alten Rezepte zu sichern“, beteuert Hachez-Chef Hasso Nauck. Auch KJS-Sprecherin Nicola Oppermann sichert den Bremern totale Fremdfett-Enthaltsamkeit bei Milka-Produkten zu. „Es wäre auch viel zu teuer, die ganzen Rezepte umzustellen.“

Die Bremer Bürgerschaftsabgeordnete Lisa Wargalla (Grüne) forderte darum bereits während des Schokokrieges eine Kennzeichnungspflicht für Tafeln mit Billigfett. „Das wäre im Sinne des Verbraucherschutzes wünschenswert, da sonst das Vertrauen in die Lebensmittelproduktion weiter geschwächt würde.“Auch aus entwicklungspolitischer Sicht wäre eine Billigfettschokoladeproduktion problematisch gewesen. Wargalla: „Einige westafrikanische Länder sind extrem abhängig vom Kakao-Export. Sinkende Nachfrage auf diesem Sektor hätte fatale Auswirkungen für die dortige Bevölkerung, deren einzige Einnahmequelle oft der Kakaoanbau ist.“

Für die Bremer Schoko-Schmieden stellt sich jetzt die Frage nach einer Werbestrategie. Schließlich schreiben nicht umsonst sämtliche deutschen Bierhersteller ihr bald 500 Jahre altes Reinheitsgebotssprüchlein auf ihre Flaschen.

Apropos Werbung: Kraft-Jacobs-Suchardt startet zur Zeit einen echten Kuh-Coup. Das Rindvieh-Marken-Emblem von 1901 wurde vor 25 Jahren lila angepinselt. Genauer gesagt ist die Umspritzaktion im Juli ein Vierteljahrhundert her. Im Moment startet KJS jedoch bereits eine Umfrage unter BremerInnen zum Bekanntheitsgrad der Lila Kuh. Zudem wurde jetzt ein neuer Werbespot in der Lloyd-Passage gedreht. Der Kuh-Coup-Streifen kommt dann ab Juli nicht in die Kinos, aber immerhin in die Fernseh-Werbung. Unklar ist, ob die Kuh dann einen deutschen Reinheitsgebotsstempel auf der Stirn oder der Flanke hat. Jens Tittmann