Liebliche Betongruft

■ Anachronistischer Wettbewerb: ADAC erteilt Prädikat für Parkhaus im Hanse-Viertel Von Timo Hoffmann

Anwohner und Verbände kämpfen seit Jahren für autofreie Innenstädte und Nutzung des „Park & Ride“-Systems. Der ADAC dagegen ist immer noch bemüht, so viele bereifte Blechkisten wie nur möglich direkt in die Stadtkerne zu locken. So auch in Hamburg. Der Auto-Club zeichnete gestern das Parkhaus am Hanse-Viertel als drittes in Hamburg mit dem Slogan „benutzerfreundlich“ und „vom ADAC empfohlen“ aus.

ADAC-Verkehrsleiter Arno Reglitzky zeigte sich sogar froh über immer mehr Parkhäuser in den Stadtzentren, während er gleichzeitig mit seiner Stimme energisch gegen den Motorenlärm ankämpfen mußte. Für die Auszeichnung bewertet wurden 115 Einzelpunkte wie An- und Ausfahrtswege, Kassiersystem, Einrichtungen für Behinderte und die Sicherheit. Anerkennenswert, daß auf dem Dach des Vorzeige-Parkhauses schon 1992 Deutschlands erste Solarstrom-Tankstelle installiert wurde. Doch sogar der ADAC hat heute noch zu bemängeln, daß reservierte Parkplätze für Mütter mit Kinderwagen noch fehlten, daß die Schilder für die Frauen- und Behindertenparkplätze noch nicht angebracht seien und die Fahrradständer sich außerhalb der Massenautohaltungsanlage befänden.

„Je mehr Parkhäuser es gibt, desto weniger Autos parken auf der Straße“, äußerte sich Reglitzky zuversichtlich und überreichte Peter Fischer, dem Geschäftsführer der Parkhausfirma APCOA, ein blaues Parkplatzschild mit Widmung vom ADAC samt Urkunde. Dieses soll nun zu den bisher 25.000 Straßenstinkern, die jeden Monat im Parkhaus an den Hohen Bleichen herumstehen, noch zusätzliche anwerben. Eine ganz neue Begründung für den guten Nutzen von Parkhäusern präsentierten die Auto-Fans gleich obendrein: Wenn die FahrerInnen ihre Stellplätze schneller finden, so vermindert dies Emissionen und Unfallgefahr des Suchverkehrs.

Nutznießer der für Reklame geeigneten Prämierung ist die Allianz Lebensversicherungs AG: Ihr gehört der elfgeschossige Bau mit 441 Stellplätzen. Sie verdient nicht nur an den 3,50 Mark Parkgebühren pro Auto und Stunde, sondern auch an der im ganzen Haus angeschlagenen Werbeplakate. Aber die sind, glaubt man den Worten des APCOA-Geschäftsführers Peter Fischers, gar nicht als Reklame angebracht, sondern dazu, als Wegmarken in der Betongruft dem Kunden das Wiederfinden seines Wagens zu erleichtern.