Flöhe im Musical-Ohr

■ Das Imperial-Theater an der Reeperbahn ist ein stolzes Jahr alt

Von Beginn an stand der kleinen Bühne das Wasser bis zu den Knien. Und zwar wortwörtlich: Im letzten Winter setzte eine Besucherin das Foyer unter Wasser, indem sie im Klo die Abwasserhebeanlage außer Kraft setzte. „Ich quatschte dann so im Teppich rum“, erinnert sich Frank Thannhäuser an die Aufwischarbeiten.

Eine Episode ohne Symbolkraft, wie sich herausgestellt hat. Das Imperial-Theater auf der Reeperbahn, seit Sonnabend ein Jahr jung, befindet sich finanziell, wenn nicht im Trockenen, so doch zumindest auf Normalnull.

Im November 1993 begann die Geschichte des Imperial, als Thannhäuser & Co. ein leerstehendes Pornokino entdecken. „Der Wunsch, etwas Eigenes zu machen, war eigentlich schon immer da“, so Thannhäuser, der zuvor mit Dirk Voßbach Schuld war nur der Bossanova zwischen Mailand und Wuppertal auf die Bühne gebracht hatte. Gemeinsam überzeugten sie die Vermieterin von ihrem Musical-Theater-Projekt.

Und die Zielrichtung? Immerhin steht die Branche dank Cats und Gefolge im Ruf oberflächlicher Unterhaltungsproduktion. Das Imperial, durch das seichte Grease bekannt geworden, will auch andere Wege gehen. „Wir dürfen nicht das Grease-Theater sein“, weiß Thannhäuser um die Gefahr, auf das lukrative Rock-'n'-Roll-Musical „ohne hochgestochene Aussagekraft“ fixiert zu werden. Vor der Kanonisierung zum Imperial-Klassiker steht es dennoch: Das Haus muß die Fifties-Revue „in der Hinterhand“ behalten, „alles andere wären Flöhe im Ohr“.

Darüber hinaus sollen „zunehmend kleine Produktionen mit ernstem Hintergrund“ geschaffen werden. „Wir wollen anspruchsvolle Unterhaltung bieten“, sagt Thannhäuser – möglicherweise als Workshop-Produktion in nicht kommerziellem Rahmen. Werke von Steven Sontheim oder Anne Frank als Musical, „das kann man gar nicht oft genug spielen“. Im ersten Bühnenjahr waren neben Grease der Bossanova, Swingtime und die neue Produktion Wie wär's mit Liebe? zu sehen.

Schon als 14jähriger verschlang der gebürtige Kasseler in Sachen Broadway „Platten und Bücher en gros“. Die Konkurrenz im Musical-Geschäft scheue er nicht. Es gebe „kein Theater in Hamburg, das über das Wissen verfügt wie hier im Hause“, meint Thannhäuser mit Flintstones-Käppi selbstbewußt.

„Da kann ich jetzt nicht mehr zurück“, der ausgebildete Drucker weiß aber auch, daß die Entscheidung fürs Musical-Business endgültig ist. Ein eigenes Drehbuch will er („Ich kann Kitsch“) trotz zahlreicher Musical-Übersetzungen nicht schreiben. „Interessiert doch keine Sau“, meint Thannhäuser genauso überzeugt.

Folke Havekost

Best-of-Geburtstagsgala: heute, 19.30 Uhr, Hotel Lindtner