Einzigartig in der Republik

■ Hochschule für Künste sieht sich in ihrer Existenz gefährdet

„Tja, vielleicht sollte ich dann noch mal sagen.“– „Da müssen wir uns in erster Linie fragen, welche Gründe dieser Politik zugrundliegen.“– „Es geht doch darum, sind sie in ihren Fächern noch on top?“Unbestreitbar kompetent wurde an der Hochschule der Künste auf Einladung des AStAs über die Misere bundesdeutscher Bildungspolitik gesprochen. Wir können hiermit bestätigen, daß jedes einschlägige Thema kurz angerissen wurde: die Verbeamtung von Professoren, Studiengebühren, Studentenvertretung. Selbst das australische Bafögmodell wurde kurz in den Raum geschmissen, astrein. Die entsprechenden Meinungen kamen auch ordnungsgemäß aus den richtigen Mündern. RCDS gegen AStA, Grüne gegen Studiengebühren, alles korrekt. Da brachte niemand nix durcheinander. Der AStA-Frau schien's pfundig zu gefallen. So geht richtige Politik. Ein schönes deja vu-Erlebnis – bis Rektor Jürgen Waller der schwarzgehemdete, goldnadelverzierte, krawattenumgarnte Kragen platzte: „Im Parlament gibt es da ne Glocke. Dieses allgemeine Gerede um das Hochschulrahmengesetz bringt uns nichts.“Studi: „Wenn es uns aber interessiert.“Waller: „Nein. Das interessiert uns eben nicht. Weil es uns bald nicht mehr gibt.“Natürlich gab ihm der nette Bündnisgrüne Hermann Kuhn insgeheim recht und entschuldigte sich nachträglich für sein Gelaber auf's entzückendste: „Ich bin ein höflicher Mensch und antworte auf das, was ich gefragt wurde.“Und der AStA fragte nun mal totalglobal. „Die müssen noch ein bißchen üben, den AStA gibt es hier noch nicht lange, ich finde ihn aber gut,“meint Kanzler Güse. Er ist nicht nur sympathisch, er kennt auch die Zahlen.

Die sind ein bißchen kompliziert mit dem Verhau von Gastprofessorengehältern und Sonderposten. Ungefähr verhällt es sich so: Der Anteil der HdK am Etat Bremer Hochschulen beträgt 4,5 %. Und zwar nach wie vor. Die HdK wurde nicht besser, nicht schlechter als die anderen Bremer Unis behandelt. Ein Vorgehen, das Waller mechanisch findet. Denn während ein großer Fachbereich, etwa Biologie, mit einer Stelle weniger überleben kann, geht das in der Musik nicht. „Wenn ich einen Sänger habe, und der geht weg, dann habe ich eben keinen mehr.“Die Bereiche Film, Graphik/Design, Bildhauerei und Bereiche der Instrumentalmusik sind von dieser Schwindsucht bedroht. Die Bläser zum Beispiel werden nicht mehr von Profs betreut. „Das ist einzigartig in der Republik“, meint Güse. Waller: „So sind wir nicht konkurenzfähig.“Güse: „Zum Beipiel Cellostudenten. Denen können wir mit Alexander Baillie einen renommierten Mann bieten – allerdings keine interessante Kammermusik. Denn um Geigen steht es nicht so gut.“

Im Jahr –97 und auch –98 bekam die HdK mehr Geld als sie für Gehälter ausgab und kann die eingesparten Gelder (–97 immerhin über eine Million) in hardware (Ausbau des Konzertsaals, fünf Übungssäle, neue Druckwerkstatt für 200.000 Mark) ausgeben. Doch man will schließlich die offenen Stellen irgendwann mal besetzen. Und dazu reichen die von Jahr zu Jahr dahinschwindenden Beträge eben bald nicht mehr. Man will? Waller: „Was heißt hier wollen. Wir müssen, sonst sind wir nicht existenzfähig.“

SPD-Frau Gerlinde Berk versprach Waller ganz modisch „Planungssicherheit“, d.h. einen festen Finanzplan bis 2004 – und erntete damit Wallers geballten Hohn: „Wunderbar. Dann bin ich nicht mehr im unklaren, sondern kann mir ausrechnen, wann ich draufgehe. Und wir dürfen uns selber entscheiden, welche Bereiche wir absterben lassen.“Was Waller in Wallung bringt, ist die neue McKinsey-Methode: Bewußte, möglicherweise sogar durchdachte politische Entscheidungen werden ersetzt durch Zahlenvorgaben. „Und wir haben dann den Schwarzen Peter.“

RCDS-Mann Rohmeyer deutet an, daß in der HdK das Zahlenverhältnis zwischen Studis und Profs sooo schlecht nicht wäre. Kanzler Güse mag oder kann keine Auskünfte geben über Musik- und Kunsthochschulen in anderen Städten. Aber egal. Waller hat natürlich recht: Wo im Lehrplan Sparlücken klaffen, kommen natürlich keine Studenten mehr. bk