Ehrensache: Keine Extrawürste für Ökoweine

■ Auf der Berliner Weinmesse wurden Ökosiegel – wenn überhaupt – verhalten präsentiert, denn auch Biowinzer renommieren bevorzugt mit geschmacklicher Qualität statt mit Dogma

Über 700 Weingüter mit mehr als 2.000 Weinen aus allen Anbaugebieten der Welt: Das Angebot bei der Weinmesse Berlin, die am vergangenen Wochenende zum viertenmal im Logenhaus in der Emser Straße stattfand, ist ebenso verwirrend wie verlockend. Die Suche nach Ökoweinen und ihren Erzeugern gestaltet sich nicht einfach, denn eine pittoreske Öko- Ecke gibt es hier nicht – zum Glück. Ökoweine stellen sich dem direkten Vergleich mit den Produkten aus konventionellem Anbau. Mit Ökosiegeln und dergleichen geht man eher verhalten um; man sieht auch keins am Stand des Fürstlich Castellschen Domänenamts aus dem fränkischen Castell am Main. Mit 70 Hektar Anbaufläche und einer durchschnittlichen Jahresproduktion von 500.000 Flaschen ist der Betrieb das größte Ökoweingut in Deutschland und eins der angesehensten in Franken. Frank Dietrich reicht einen knackigen Silvaner und erzählt: „Die Nachbarn beargwöhnen uns, nach dem Motto: Das kann doch nichts werden!“ Die Umstellung bringe einige Probleme mit sich: Der Mehrbedarf an Arbeit im Weinberg erfordere den Einsatz von Personal auch an Wochenenden; früher sei das nicht nötig gewesen. Die Erträge gehen runter, Kompensation ist schwierig: „Wir dürfen nicht teurer werden als die renommierten Wettbewerber.“

Christine Saahs vom Weingut Nikolaihof in der Wachau zeigt das Ökosiegel auf ihren Flaschen schon offensiver her. Als erstes Weingut Österreichs darf der Nikolaihof das staatliche „Austria- Bio-Kontrollzeichen“ führen. Schon seit 25 Jahren wirtschaftet man hier naturnah, seit 10 Jahren nach den Prinzipien der biologisch- dynamischen Landwirtschaft. Dies ist nicht Dogma, sondern Philosophie: Die Weine von Christine Saahs und ihrem Mann Nikolaus sollen den Charakter der Rebsorte und des „terroirs“, also der jeweiligen Anbaulage mit ihrem spezifischen Boden und Mikroklima, unverfälscht repräsentieren. Und das gelingt. Die Rieslinge und Weißburgunder sind begeisternd.

Ob man sich nun speziell für gute Ökoweine oder ganz allgemein für gute Weine interessiert: Fürs Probieren, Vergleichen und auch für zwanglose Gespräche mit den Winzern ist die Weinmesse Berlin der Ort. Eberhard Schäfer