■ Neidisch auf Millionäre?
: Viel zu besitzen ist auch eine Last

Renate Schade, 60 Jahre, Rentnerin

Viel Geld ist doch schön, oder? Ich wüßte 'ne ganze Menge, was ich mit dem Geld machen könnte. Mein Haus ist schon fertig – zumindest in meiner Phantasie. So'n kleenet Häuschen außerhalb Berlins, aber mit 'nem schönen, überdachten Swimmingpool, mit Schiebetüren, die man aufmachen kann. Alle meine Freunde würde ick um mich versammeln. Das wäre schon ein Traum.

Markus Reinhardt, 30 Jahre, Buchhändler

Viel zu haben ist schwierig. Wenn man viel hat, hat man sofort den Anspruch, zu repräsentieren, also ein großes Auto und ein großes Haus zu haben. Man hat viele Verpflichtungen, muß zum Beispiel die entscheidenden Restaurants aufsuchen. Mein Vater ist Millionär, seine Freunde auch. Die spielen Tennis, fahren an die Cote d'Azur, machen Kreuzfahrten – das interessiert mich alles nicht.

Andrea Mesch, 31 Jahre, Brezelverkäuferin

Wenn die Voraussetzung, Millionär zu werden, Skrupellosigkeit ist, dann bin ich froh, daß ich kein Millionär bin. Millionäre werden ja nur reich, weil andere arm sind. Ich wüßte auch gar nicht, was ich mit einer Million machen sollte. Das ist mir fast zuviel. Ich glaube, daß ich furchtbar geizig werden würde. Ich würde mein Geld nur noch auf die Bank legen und hoffen, daß es immer mehr wird.

Kurt Trotz, 66 Jahre, Rentner

Ich beneide schon die Millionäre, weil die soviel Geld haben, und ich hab' nichts. Der eine hat zuviel, der andere zuwenig. Die Menschen in Afrika zum Beispiel verhungern. Ick kannte einen Millionär, aber der ist verstorben. Der war geizig. Er hat mir mal ein Bier ausgegeben, aber Geld hat er mir nicht gegeben. Der hat das ganze Geld aufs Konto gelegt und hat sich selber nichts gegönnt.

Martha Schmidt*, 63 Jahre, Rentnerin

Mein Schwiegersohn ist Millionär. Der hat erst 'nen roten Jaguar gehabt, denn 'nen türkisfarbenen Porsche. Ehrlich gesagt bin ich manchmal eifersüchtig auf den. Ick finde det schön, wenn ein Mensch bewußt leben kann, und det kann ich nicht ohne Geld. Bewußt leben heißt, mit dem Zug wegfahren und sich Städte angucken, in einem netten Hotel wohnen und tanzen jehn.

Thomas Schumann, 34 Jahre, Fahrradhändler

Ich bin nicht auf Millionäre neidisch. Ich denke eher amerikanisch: Ick gönne jedem seinen Reichtum. Millionäre haben mehr Probleme als die anderen Leute. Die haben dauernd Neider, die nur auf das Geld schauen. Oder die lernen nur Leute kennen, die heiß auf ihre Kohle sind und nicht auf sie als Mensch. Berlin ist nicht unbedingt die Stadt, wo die reichen Leute sind.* Name geändert

Umfrage: Karen Wientgen

Fotos: Bernd Hartung