Der diskrete Charme der Grünfläche

■ Die Senatskanzlei schlägt vor, das „Kastanienwäldchen“ hinter der Neuen Wache in „Platz der Märzrevolution“ umzubenennen

Der Streit um die Umbenennung des „Platz vor dem Brandenburger Tor“ in „Platz des 18. März 1848“, die die Bezirksverordnetenversammlungen von Mitte und Tiergarten im vergangenen August beschlossen hatten, hat eine neue Wendung erfahren. Auf Initiative der Senatskanzlei wird nun der Platz hinter der Neuen Wache, das sogenannte „Kastanienwäldchen“, das vom Maxim-Gorki- Theater und dem Zeughaus begrenzt wird, als Alternative diskutiert.

„Dieser Platz hat Charme, in mehrfacher Beziehung“, sagte Bausenator Jürgen Klemann (CDU) gestern zur taz. „Erstens haben sich die Protestierenden von damals im heutigen Gorki-Theater versammelt, zweitens ist es ein zentraler Platz, direkt an der nationalen Gedenkstätte Berlins. Und drittens hat sich der Aufstand 1848 an vielen Orten zugetragen, jedoch nicht explizit am Brandenburger Tor.“ Dem „Platz vor dem Brandenburger Tor“ (westlich des Tores) will der Bausenator seinen „historisch gewachsenen Namen“ lassen: „Wenn der Platz überhaupt umbenannt wird, dann in Platz der Einheit.“ Laut Klemann hat sich gestern auch der oberste Denkmalschützer Berlins, Landeskonservator Professor Helmut Engel, in einem Schreiben an den Bausenator nochmals für den Alternativvorschlag stark gemacht.

Die Senatsbauverwaltung hatte dem Bezirk Mitte das Verfahren entzogen, nachdem die Bezirksverordneten für die Umbenennung des Platzes am Brandenburger Tor in „Platz des 18. März 1848“ gestimmt hatten. Dafür machte der Bausenator formale Gründe geltend. Eine Neubenennung sei nur möglich, wenn z.B. politisch unerwünschte Namen getilgt werden sollen.

Der Bezirkbürgermeister von Mitte, Joachim Zeller (CDU), schimpfte gestern: „Erst werden formale Gründe vorgeschoben, wonach eine Umbenennung nicht möglich ist, nun soll er ,Platz der Einheit‘ genannt werden.“ Die Bezirke Mitte und Tiergarten stünden nach wie vor zu ihren Beschlüssen.

Der neue Vorschlag sei für ihn nicht nachvollziehbar, so Zeller. Hinter der Neuen Wache sei keine „Platzsituation“ gegeben. Das Kastanienwäldchen sei eine Grünfläche, der dort verlaufende Festungsgraben eine normale Straße und das ganze Areal in kläglichem Zustand. Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD), der sich für die Variante am Brandenburger Tor stark gemacht hatte, war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Tobias Riegel