Außerhalb der Stillphase

■ Verstrickungen des Weibes im Klischee hoch vier nach einem Hera- Lind-Roman: „Frau zu sein bedarf es wenig“ (Sa., 20.15 Uhr, ZDF)

Falls der Regisseur nicht eine Doppelgängerin verpflichtet hat, läuft die Frau, die die Romanvorlage für diesen Film verfaßt hat, sogar einmal durchs Bild: Hera Lind, hochschwanger, lächelnd wie immer – mild, harmlos. Diese kleine Entdeckung ist leider auch die einzige Überraschung, die Regisseur Sigi Rothemund in sein Stück gepackt hat. „Frau zu sein bedarf es wenig“ handelt von einer blonden Sängerin, die ein Kind erwartet, dadurch aber nicht an der Fortsetzung ihres jugendlichen Lebensweges gehindert werden möchte.

Sie will weiter singen und zugleich sehr modern sein. Das heißt, Pauline Frohmut – schon für diesen Namen müßte die Autorin bestraft werden – möchte häusliches Glück und aufregende Außerhäuslichkeit. Den Kindsvater will sie nicht heiraten, weil er spießig ist oder das, was Hera Lind dafür hält. Statt dessen flirtet Fräulein Frohmut mit einem Sangeskollegen, der ihr den Hof macht.

Hartgesottene würden an dieser Stelle des Film abwinken und sagen: Alles nicht so schlimm, ist doch bestimmt sehr ironisch gemeint, als eine Karikatur der Vorstellung von einer emanzipierten Frau. Das Tragische ist: Wie Lind meint es auch der Film mit seinen niedlichen Ideen über die Verstrickungen des Weibes in und mit der Welt außerhalb der Stillphase sehr ernst. So sehr sogar, daß das TV- Produkt unerträglich klischeehaft daherkommt. Davon abgesehen, daß das Stück in einem gehobenen Kleinbürgerambiente – Jahreseinkommen: geschätzte 300.000 Mark – miefig vor sich hinplätschert und nicht die hochnäsige Noblesse großbürgerlicher Großzügigkeit ausstrahlt, sind die Dialoge hoffnungslos stereotyp, scheinen die SchauspielerInnen (Anica Dobra, Jophi Ries, Dieter Landuris) grotesk unterfordert (möchte man jedenfalls hoffen).

Letztlich uninteressant, nicht mal trashfähig, kein Warming-up fürs „Aktuelle Sportstudio“ sozusagen, wahrscheinlich trotzdem ziemlich quotenträchtig. Was nichts daran ändert, daß das Frauenbild, das der Film transportiert, infam ist: Mädchen sind brav und nur dann böse, wenn der Mann als Weichei daherkommt. Erst wenn er auf den Tisch haut, kriegt sie Respekt. Offenbar, legt der Film nahe, erkennt sie im Ehemann erst dann den Traumprinzen, wenn er sich verweigert und sie hernach ordentlich an die Kandare nimmt.

Frau zu sein bedarf es offenbar wirklich wenig: Soll sie, die unreife, zickige Göre, sich austoben! Irgendwann wird sie den wahren Schatz eines netten Mannes im soften, sturzlangweiligen Gatten erkennen. In Wirklichkeit sind Frauen wie Fräulein Frohmut spießig – und die drumherum garnierten Männer willenlose Trottel. Jedenfalls wird öffentlich immer sichtbarer, weshalb Hera Lind in der „Herzblatt“-Show so deplaziert wirkt: Sie ist – wie ihre literarische Figur in eigener Sache, Pauline Frohmut – eine Matrone. Jan Feddersen