Streit um Staatssymbole

■ In Rußlands Duma geht der Konflikt um Flagge und Hymne jetzt in die nächste Runde

Moskau (taz) – In der Staatsduma ist der Streit über Symbole und heraldische Accessoires der russischen Staatlichkeit erneut entbrannt. Zur Disposition stehen Flagge, deren Insignien und die Hymne der Russischen Föderation. Seit dem Ende des Kommunismus leben die Russen in einer Zeit vorübergehend geborgter Symbolik. Präsident Boris Jelzin verordnete damals die Übernahme der letzten Flagge des Zarenreiches und bestimmte Fragmente eines Werkes des Komponisten Michail Glinka zum Substitut der Sowjethymne. Den ergangenen Texterauftrag konnte bisher keiner zur Zufriedenheit lösen. So blieb es bei einer wortlosen Hymne.

Um so wortreicher verläuft die Auseinandersetzung derzeit im Parlament, in der sich besonders die Kommunisten hervortun. Es ist verständlich, daß ihnen die Fahne des Zarenreiches nicht behagt. Bevor die Trikolore 1883 zum Banner des Reiches wurde, diente sie den Kaufleuten als Handelsflagge.

Doch haben die Kommunisten auch gute Gründe vorzubringen: das Wappen mit den gekrönten Doppeladlern und dem drachentötenden Heiligen Georg sei nicht zeitgemäß. Rußland sei keine Monarchie, die die Doppeladler symbolisierten. Der heilige Georg der Orthodoxie verstoße gegen die multikonfessionelle Verfaßtheit der Föderation. Als Alternative bieten sie die rote Fahne an, mit Globus und Schwalbe. Indes ist der Globus auch nicht frei von Fehlinterpretation. Statt „Proletarier aller Länder...“ soll das Spruchband nun „Ehre sei dir, Rußland“ verkünden. Selbst gestandene Nationalisten überzeugt das nicht. Der Bilderstreit geht weiter. Klaus-Helge Donath