Aktion Störenfried

■ Die Stasi hatte den 17. Januar gut vorbereitet. Diesmal sollte die Opposition zerschlagen werden

Berlin (taz) – Die „Aktion Störenfried“ begann am Morgen des 17. Januar 1988. Die Staatssicherheit hatte sich seit Wochen darauf vorbereitet. Diese Aktion sollte ein Erfolg werden – sieben Wochen zuvor hatte sich die Stasi noch blamiert. Sie hatte versucht, die oppositionelle „Initiative Frieden und Menschenrechte“ zu zerstören. In der Nacht vom 24. zum 25. November 1987 wurden sieben Mitarbeiter der Berliner Umweltbibliothek verhaftet. Sie hatten durch einen Zufall aber nicht die illegale Zeitschrift Grenzfall gedruckt, sondern die Umwelt-Blätter – vom Staat auch wenig geliebt, aber nicht verboten. Der Plan der Stasi, die Oppositionellen auf frischer Tat zu stellen, schlug grandios fehl. Die Verhafteten mußten freigelassen und die beschlagnahmten Druckmaschinen zurückgegeben werden.

Am 17. Januar wollte der Staat erneut zuschlagen, aber diesmal richtig. Die unter dem Dach der Kirche immer selbstbewußter werdende Opposition sollte enthauptet und ihre durch die westdeutschen Medien bekannten Köpfe im Westen still entsorgt werden. Der Plan der Oppositionellen, bei der traditionellen und für die SED- Führung heiligen Liebknecht-Luxemburg-Demonstration aufzutreten, erschien der Stasi als der ideale Vorwand für ihre Aktion.

Die „Störenfriede“ kamen an diesem Januarmorgen nicht weit. Bekannte Oppositionelle wie Lotte und Wolfgang Templin standen bereits unter Hausarrest, andere wie Vera Wollenberger (heute Lengsfeld) erreichten nicht einmal den Zug der Demonstranten. Die Oppositionellen hatten kaum Gelegenheit, ihre Transparente zu zeigen, bevor sie beschlagnahmt wurden. Insgesamt 200 „Störenfriede“ nahm die Staatssicherheit fest. Acht Tage später folgte die zweite Verhaftungswelle. Es traf Freya Klier, Bärbel Bohley, Werner Fischer, Ralf Hirsch und die Templins. Nur wenige Tage später wurden sie, direkt aus dem Gefängnis, in den Westen abgeschoben. Jens König