Bonner Lehrer sollen bevorzugt werden

■ Beim Regierungsumzug sollen Ehegatten von Bonner Staatsbediensteten bei Neueinstellungen Vorrang haben. Nach einer "Ehegattenliste" sind 115 Lehrer sowie 20 Staatsanwälte, Richterinnen und Polizistinn

EhepartnerInnen von Bonner RegierungsbeamtInnen, die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, sollen beim Umzug nach Berlin auf der Suche nach einer neuen Stelle bevorzugt werden. Dies meldet das Nachrichtenmagazin Der Spiegel in seiner heutigen Ausgabe. Demnach hat der Bund Ende 1997 dem Land Berlin in einer sogenannten Ehegattenliste 115 PädagogInnen sowie 20 StaatsanwältInnen, RichterInnen und PolizistInnen gemeldet, die in der Hauptstadt unterzubringen seien.

Doch dieser Vorstoß stößt auf Skepsis: Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) hält die Ehegattenliste für ein „Problem der Gerechtigkeit“, da in Berlin etwa 4.000 Lehrer, teilweise bereits seit über einem Jahr, auf eine Anstellung warten.

„Wir wenden uns gegen jede Art der Einmischung oder Bevorzugung“, erklärte Brigitte Wilhelm, Vorsitzende des Landeslehrerausschusses gegenüber der taz. „Der normale Weg zur Einstellung von Lehrern aus anderen Bundesländern läuft über den Länderausgleich.“ Bei dieser „Austauschbörse“ werden zum Beispiel umzugswillige Pädagogen aus Berlin nach Hessen und umgekehrt vermittelt. Allerdings wollten in den vergangenen zwei Jahren gerade mal 40 Berliner Lehrer nach Nordrhein-Westfalen wechseln. „Eine Ehegattenliste wäre ein weiteres Beispiel für eine versuchte Einflußnahme der Bonner in Berliner Angelegenheiten“, sagte Wilhelm weiter. Diese Versuche seien bereits bei den Forderungen nach einer „Nobel-Kita“ für Bonner Politiker in Mitte deutlich geworden. „Politisch wäre eine solche aus Bonn gesteuerte Paketlösung sehr problematisch“, findet auch GEW-Pressesprecherin Erdmute Safranski.

Wie jetzt bekannt wurde, hat außerdem Bundesaußenminister Klaus Kinkel (FDP) in einem Schreiben an den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen Bedenken wegen des abweichenden Berliner Schulsystems geäußert. Derzeit beginnen von 117 Berliner Gymnasien nur sechs mit der fünften Klasse. Im Bundesgebiet gibt es keine sechsjährige Grundschule. Kinkel sieht darin ein Hindernis für den Regierungsumzug. Er forderte Diepgen auf, mehr Gymnasien ab der 5. Klasse einzurichten. In seinem Antwortwortschreiben signalisierte der Regierende Bürgermeister, daß man mehr zukünftig mehr Ausnahmeregelungen zulassen werde.

GEW-Sprecherin Safranski erklärte dazu: „Da wird versucht, ein uraltes CDU-Thema aufzufrischen.“ Den Vorwurf, den Umzug für politische Forderungen zu benutzen, nahm die jugendpolitische Sprecherin der CDU, Ulrike Richter-Kotowski, gestern gelassen: „Das Thema Gymnasien kriegt durch den Umzug eine aktuelle Nuance.“ Sie könne sich allerdings die vom Spiegel beschriebene Bevorzugung nicht vorstellen: „Die werden sich ganz normal in die Schlange einreihen müssen.“

Auch der Landeselternausschuß sieht in der Diskussion um die Bonner Vorzugsbehandlung eher „Nebenkriegsschauplätze“, wie dessen Vorsitzender Peter Sperling gestern der taz mitteilte. Er warnte die Berliner wie die Bonner davor, sich instrumentalisieren zu lassen: „Hier sollen Job- suchende beider Bundesländer gegeneinander ausgespielt werden.“ Tobias Riegel