„In zwei Tagen durchdrehen“

■ Fuhlsbüttler Knast bekommt einen „menschlichen“Neubau

Drei Zäune mit Stacheldraht. Dahinter eine Mauer, ebenfalls mit Natodraht. Doch auch sie ist nicht die letzte Hürde vor der Freiheit, sondern trennt nur die einzelnen Strafanstalten voneinander ab – die Anstalt I ist ein Dorf im Dorf. Zusammen mit zwei weiteren Knästen bildet sie den Gefängniskomplex Fuhlsbüttel. Die Anstalt I zählt nun 63 Haftplätze mehr. Gestern weihte Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) einen neuen Flügelbau ein, in den im Februar Gefangene verlegt werden.

Mit dem Neubau soll die Überbelegung der Hamburger Strafanstalten relativiert werden. Die Anstalt I hat zur Zeit 276 Plätze, aber 363 Gefangene. Wer neu in den Knast für Kurzstrafen zwischen eineinhalb und zwei Jahren kommt, muß die ersten Monate deshalb in Sammelzellen, „Saal“genannt, mit acht Gefangenen verbringen. 14 Säle gibt es. Perspektivisch sollen sie aufgelöst werden. Peschel-Gutzeit lobte den neuen Anbau gestern als „wichtigen Schritt in diese Richtung“. Anstaltsleiter Peter Weiß betonte, daß mit dem Neubau vor allem auch die Untersuchungshaftanstalt am Holstenglacis entlastet werden soll.

Die Qualität der neuen Zellen lebt in der Tat vor allem vom Vergleich mit den Haftbedingungen, unter denen Insassen in Hamburg sonst leben müssen. „Gefangene, die aus der Untersuchungshaftanstalt kommen, freuen sich darüber, hier zu sein“, weiß Dirk Helias vom Strafvollzugsamt, der das Ausbauprojekt leitete. Er weiß aber auch: „Wenn ich Sie hier einsperren würde, würden Sie innerhalb von zwei Tagen durchdrehen“– in einer Zelle, die „den Anforderungen des Strafvollzugsgesetzes entspricht“, wie Peschel-Gutzeit gestern lobte.

Daß viele Gefangene in ihren Acht-Quadratmeter-Räumen aggressiv werden, hat man auch dem Architekten des Neubaus, Jens-Peter Ramcke, mit auf den Weg gegeben. „Die zerlegen hier ihre Zellen“, so Ramcke. Deshalb habe er die Zellen „menschlich“, zu erkennen an modernen Fußleisten, und „vandalismussicher“gebaut. So sind die Trennwände zum Klo etwa nicht in Leichtbauweise, sondern aus Stahlbeton entstanden. Und wer in seiner Zelle Drogen deponieren will, kann diese zumindest nicht mehr in den Fugen zwischen den Kacheln verstecken, denn die seien entsprechend geklebt worden. Elke Spanner