Masterplaner Strieder tritt den Rückzug an

■ Das Planwerk Innenstadt soll wegen mangelnder Unterstützung 1998 nicht mehr ins Parlament eingebracht werden. Strieder führt nun Gespräche mit den Oppositionsparteien. Doch PDS und Grüne bleiben

Dem Planwerk Innenstadt von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) werden in diesem Jahr die parlamentarischen Weihen versagt bleiben. Einer internen Senatsvorlage zufolge, die der taz vorliegt, soll der Masterplan 1998 nicht mehr dem Abgeordnetenhaus vorgelegt werden. Statt dessen will Strieder nun „bis Ende 1998 die noch ausstehenden Überarbeitungen des Planwerks Innenstadt fortsetzen und abschließen“. Erst danach werde der Senat „eine entsprechende Vorlage zur Umsetzung dieses dann abgestimmten Innenstadtkonzeptes einbringen“. Ursprünglich sollte der Innenstadtplan Ende 97 vom Parlament verabschiedet worden sein.

Hintergrund von Strieders Rückzug ist die mangelnde politische Unterstützung für den Masterplan. Nicht nur die betroffenen Bezirke, sondern auch die Oppositionsparteien sowie Strieders Koalitionspartner CDU versagen dem umstrittenen Konzept für eine neue Urbanisierung der Innenstadt das notwendige Gefolge. Um eine parlamentarische Niederlage zu verhindern, spielt der Stadtentwicklungssenator, der morgen offiziell die Zwischenbilanz der Diskussionen um das Planwerk bekanntgeben will, nun auf Zeit.

Gleichzeitig bemüht sich Strieder, die Oppositionsparteien im Abgeordnetenhaus im Hinblick auf die nächsten Wahlen als neue Bündnispartner zu gewinnen. In vertraulichen Gesprächen versuchte Strieder die im Zusammenhang mit dem Planwerk formulierten Schlagworte Nachhaltigkeit und Straßenrückbau den Bündnisgrünen als „rot-grünes Reformprojekt“ anzudienen. Auch bei der PDS warb der SPD-Politiker um politische Unterstützung. Allerdings ohne Erfolg.

Die geplante Privatisierung und Bebauung öffentlicher Räume und Grünflächen sowie eine Stadtpolitik zugunsten einer „eigentumsfähigen“ Mittelschicht finden bei Bündnisgrünen und PDS ebensowenig Zustimmung wie die Aufgabe der „polyzentralen Struktur“ Berlins als städtebauliches Leitbild.

Eigenen Angaben zufolge will Strieder „auf überwiegend kommunalen und öffentlichen Flächen von 30 Hektar“ bis zu 30.000 Eigentumswohnungen und zwei Millionen Quadratmeter Büroflächen bauen. Von Nachhaltigkeit könne angesichts einer solchen Wachstumspolitik keine Rede sein, so die Kritik der Opposition.

Strieders Zwischenbilanz fällt demnach deutlich negativ aus. Dem obersten Stadtplaner gelang es selbst mit den – als „Dialog mit den Kritikern“ bezeichneten – Planungswerkstätten zum Kulturforum oder zum Spittelmarkt nicht, die ablehnende Haltung in den Bezirken und den anderen Abgeordnetenhausparteien aufzubrechen.

In seiner Vorlage für den Senat muß Strieder denn auch zahlreiche „Dissenspunkte“ einräumen. Dazu gehören sowohl unterschiedliche Vorstellungen mit Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) als auch der Streit mit Senatsbaudirektorin Barbara Jakubeit um den Bau von Hochhäusern am Breitscheidplatz. „Der zunächst avisierte Abschluß aller anderen Überarbeitungen in den Planungswerkstätten bis Frühjahr 1998 ist unrealistisch“, heißt es deshalb in der Vorlage, die demnächst im Senat eingebracht werden soll.

Strieder war im September vergangenen Jahres aufgefordert worden, Anfang 1998 einen Bericht über den Stand der Planung vorzulegen. Am kommenden Freitag soll ab 14 Uhr auf einer Sitzung des Stadtforums im ehemaligen Staatsratsgebäude die offizielle Zwischenbilanz der Planungswerkstätten und der Diskussionen um den Masterplan vorgestellt werden. Uwe Rada