Comeback für Europäer im Papstwahlkollegium

■ Johannes Paul II. ernennt 22 neue Kardinäle. Italiener sind künftig besonders stark vertreten

Rom (taz) – Kurz vor seinem Abflug nach Kuba hat Papst Johannes Paul II. die Ernennung von 22 Kardinälen bekanntgegeben. Die Nominierungen, wichtig für die Neuwahl eines Nachfolgers des Kirchenoberhaupts, bergen so manche Überraschung. Nachdem er vor zwei Jahren den Papstwahlmodus durch Festlegung auf 120 Wahlberechtigte modifiziert und als neues Wahllokal den Konvent Santa Marta ausgesucht hatte, hat der kränkliche Karol Wojtyla nun offenbar sein Haus bestellt.

Unter den neuen Purpurträgern befinden sich sieben Italiener. Die römische Komponente des Wahlkollegiums steigt auf fast 18 Prozent. Gestärkt wurde der Anteil der „iberischen“ Kardinäle: Fünf der Ernannten stammen aus Spanien, Argentinien, Mexiko und Brasilien. Die Namen zweier Kardinäle blieben geheim. Vermutlich arbeiten sie in einem Land, in dem Katholiken verfolgt werden. Leer gingen Deutsche und Holländer aus – „Strafe für ihre allzu laute Kritik an der Doktrin des Vatikan“, so der Kirchengeschichtler Giuseppe Alberigo. Überraschend promoviert wurde aus dem deutschen Sprachraum nur der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn. Die Ernennung des 53jährigen gilt als diplomatische Aktion: Er ist jüdischer Abstammung, und Karol Wojtyla sucht massiv nach Symbolen für die Aussöhnung des Judentums mit der katholischen Kirche.

Daß die europäischen Mitglieder des Kadinalskollegiums derart gestärkt werden – sie erreichen 47 Prozent –, stellt eine deutliche Trendumkehr zur bisherigen Ernennungspolitik dar. In den ersten Jahren seiner Amtszeit hatte Wojtyla den Einfluß der Europäer im Kardinalskollegium und in der Kurie Roms zurückgestutzt. Damit galt als ausgemacht, daß der nächste Papst ein Nichteuropäer wird. Doch offenbar hatten im Laufe der letzten Jahre zu viele der neu ernannten Würdenträger andere Wege als die der römischen Zentrale eingeschlagen. Italiener und Spanier scheinen dem Papst da doch vertrauenswürdiger. Ein Zeichen dafür ist, daß eines der neuen italienischen Mitglieder des Konklaves bereits als als papsttauglich gilt: der Erzbischof von Genua, Dionigi Tettamanzi, ein angesehener Moraltheologe, den Karol Wojtyla zu seinem Nachfolger aufzubauen sucht. Ob sich das Papstwahl-Gremium aber an solche Vorgaben hält, ist noch nicht ausgemacht. Werner Raith