■ Die Anderen: Die "Leipziger Volkszeitung" zum Duo Schröder/Lafontaine / Die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" zu einer möglichen rot-grünen Koalition in Bonn / "L'Alsace" zum stockenden Friedensprozeß in Israel
Die „Leipziger Volkszeitung“ zum Duo Schröder/Lafontaine: Zehn Ministerpräsidenten, einst allesamt schmuck, inzwischen ein wenig angegraut, angeführt von Chef Oskar, bekennen: Jawoll, hier will jemand Wahlen gewinnen. Was bietet die SPD 1998 doch für ein mächtiges Bild. Erinnerungen werden wach. 1994 war man letztmals in derart großer Runde vor der Bonner Presse aufgefallen. Damals hatte Kanzlerkandidat Scharping ein Schattenkabinett im Schlepptau. Es setzte Spott und Hohn. Logisch, daß danach das Wahlziel verfehlt wurde. „Jetzt geht's los“, wurde skandiert. „Alles oder nichts“, heißt es diesmal. Auf den 94er Scharping folgte Lafontaine/Schröder. Was ist, wenn die auch versagen, etwa schon beim Terminstreit für die Kandidatenkür? Eine neuerliche Wahlniederlage der SPD im September wäre ihr politischer Super-GAU. Insofern kann der gestrige Massenaufmarsch regierender SPDler auch als letztes Aufgebot verstanden werden.
Die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ aus Essen zu einer möglichen rot-grünen Koalition in Bonn: Allen Beschönigungen zum Trotz sind SPD und Grüne auch in der Bundespolitik noch weit auseinander. Da ist der Benzinpreis von fünf Mark, den die Grünen auf ihr Banner geschrieben haben, nur ein besonders sinnfälliges Beispiel. Dennoch wird man sich zusammenraufen, weil nur Rot-Grün die Alternative zu Kohl sein kann. Alles andere wäre Augenwischerei. Zum Zusammenraufen gehört auch die Erkenntnis, daß der größere Partner mehr durchsetzen kann als der kleine. Unter mancherlei Verrenkungen kommen die Grünen in Nordrhein-Westfalen auch bei diesem Lernprozeß voran. Dafür, daß es demnächst auch in Bonn klappen könnte, ist das nicht die unwichtigste Voraussetzung.
Die in Mulhouse erscheinende französische Regionalzeitung „L'Alsace“ zum stockenden Friedensprozeß in Israel: Die jüngsten Umfragen sind schrecklich. Sie legen ein tiefes Unbehagen, eine Spaltung der israelischen Gesellschaft und sogar ein Anwachsen des Hasses bloß. Vor einigen Wochen wurde bekannt, daß 15 Prozent der religiösen Erwachsenen und 27 Prozent der Schüler politischen Morden wie dem an Jitzhak Rabin zustimmen. Am Sonntag abend legte eine neue Umfrage dar, daß 19 Prozent der Jugendlichen meinen, die israelischen Araber „bedrohten die Sicherheit“ des Landes und müßten ausgewiesen werden. 44 Prozent gaben sich damit zufrieden, weniger Rechte für sie zu fordern. Im übrigen dürfte Israel die einzige Demokratie sein, wo die Justizbehörden die Folter an (palästinensischen) Häftlingen erlauben. Diese Spaltung, dieser Krieg zwischen Religiösen und Laien dürfte sich noch zuspitzen, wenn der Friedensprozeß nicht wieder einsetzt.
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