Soziale Unruhen in Simbabwe

In der Hauptstadt Harare plündern und demolieren die Bewohner Geschäfte, weil die Preise für Grundnahrungsmittel drastisch erhöht wurden. Die Regierung von Robert Mugabe ist in einer schweren Krise  ■ Von Kordula Doerfler

Johannesburg (taz) – In Simbabwes Hauptstadt Harare ist es seit Beginn dieser Woche zu den schwersten Unruhen seit der Unabhängigkeit gekommen. Am zweiten Tag der Proteste ging die Polizei gestern mit Tränengas gegen plündernde und randalierende Bewohner der Hauptstadt vor. Tausende von aufgebrachten Schwarzen protestierten zum Teil gewaltsam gegen eine Erhöhung der Preise für Grundnahrungsmittel, die die Regierung als Reaktion auf den rapiden Verfall der Landeswährung, des Simbabwe-Dollars, vorgenommen hatte. Viele Hersteller hatten außerdem wegen der Abwertung des Dollars um fast 50 Prozent die Preise um fast die gleiche Spanne nach oben gesetzt.

Wegen der Ausschreitungen nahm die Regierung von Robert Mugabe am Montag abend die Erhöhung des Maismehlpreises um 21 Prozent zurück. Die wütende Bevölkerung, der es 18 Jahre nach der Unabhängigkeit von Großbritannien schlechter geht als je zuvor, war damit jedoch nicht mehr zufriedenzustellen. Erneut wurden gestern Geschäfte geplündert und demoliert und Autos zerstört.

Zum zweiten Mal in wenigen Monaten war damit das sonst friedliche und provinzielle Harare Schauplatz von schweren Auseinandersetzungen – ein Novum für Robert Mugabe, der das Land seit 1980 ununterbrochen regiert. Die schwere ökonomische und soziale Krise, in der sich das einstige Musterland der Demokratisierung in Afrika befindet, ist jedoch weitgehend hausgemacht. Während immer mehr Menschen hungern, macht die Regierung vor allem durch Korruptionsskandale und Vetternwirtschaft von sich reden.

Bereits im Dezember waren mehr als hunderttausend Menschen dem Aufruf zu einem Generalstreik gefolgt und hatten die Hauptstadt weitgehend lahmgelegt. Der Unmut der Hauptstädter richtete sich gegen ein ganzes Bündel von Steuererhöhungen, mit denen die Renten für Veteranen aus dem Befreiungskampf finanziert werden sollen. Kleiner Schönheitsfehler: Mugabe wollte damit einen Skandal um einen entsprechenden Fonds für die Befreiungskämpfer bereinigen. Der war jahrelang von hohen Partei- und Regierungsmitgliedern veruntreut worden. Tausende zum Teil invalide und bettelarme Veteranen gingen leer aus und brachten mit bis dahin nicht gekannten Protestaktionen die Regierung in schwere Bedrängnis.

Stark unter Druck ist der fast 74jährige Mugabe jetzt auch, weil die Ende vergangenen Jahres angekündigte Enteignung von rund 1.500 weißen Farmen vorerst gescheitert ist. Wie jetzt bekannt wurde, mußte Mugabe vergangene Woche gegenüber der Europäischen Union und der Weltbank zusichern, Haushaltsdisziplin zu wahren und enteignete Farmen angemessen und verfassungsgemäß zu entschädigen, um weiterhin Kredite zu erhalten. Konkret bedeutet das, daß die im Haushalt bereits vorgesehenen 3,3 Millionen US- Dollar für das Aufkaufen von Farmen in diesem Jahr nicht überschritten werden dürfen.

Damit kann die Regierung aber höchstens eine Handvoll Farmen aufkaufen. Außerdem muß sie die Farmer angemessen entschädigen. Die seit der Unabhängigkeit versprochene Landreform ist damit weiter auf die lange Bank geschoben. Simbabwes schwarze Bevölkerung ist immer noch weitgehend landlos, während sich 70 Prozent des Bodens im Besitz von rund 4.500 überwiegend weißen Großfarmern befinden.