Grüne setzen auf Städte

Die Grünen stellten ihre Wahlkampfplanung vor. Auf zwölf Großstädte wird der Schwerpunkt der Arbeit gelegt  ■ Aus Bonn Bettina Gaus

Mindestens zehn Mandate müssen die Bündnisgrünen bei den Bundestagswahlen hinzugewinnen, wenn SPD und Grüne in Bonn gemeinsam regieren wollen. Das haben grüne Parteistrategen errechnet. Das Wahlkampfkonzept, mit dem dieses ehrgeizige Ziel erreicht werden soll, hat Bundesgeschäftsführerin Heide Rühle gestern in Bonn vorgestellt.

Wenn sich ein historischer Wandel mit Symbolik herbeizwingen lassen sollte, dann war der Ort dafür klug gewählt: Ausgerechnet im Bonner „Haus der Geschichte“ präsentierte Heide Rühle die Wahlkampfplanung der Partei. Die orientiert sich am Ergebnis von Analysen bisheriger Wahlen. Denen zufolge haben die Grünen bei Frauen mehr Erfolg als bei Männern, bei Jüngeren mehr als bei Älteren und in Städten mehr als auf dem Land. Außerdem wächst die Sympathie für die Bündnisgrünen mit dem Bildungsgrad.

Um in diesen Bereichen einen noch möglichen Stimmenzuwachs voll auszuschöpfen, wollen die Grünen einen Schwerpunkt ihres Wahlkampfs in die zwölf größten deutschen Städte legen. Das solle „auf keinen Fall“ bedeuten, daß die ländlichen Regionen zu kurz kämen, erklärte Heide Rühle. Aber die Bundespartei habe mit nur vier Millionen Mark einen sehr knappen Wahletat und müsse sich auf bestimmte Bereiche konzentrieren.

Mit speziellen Veranstaltungen soll außerdem um die Stimmen von Frauen und Studierenden geworben werden. Vor allem in den neuen Bundesländern setzt die Partei dann gegen Ende des Wahlkampfs auf eine Zweitstimmenkampagne. Eine Erststimmen- Empfehlung für die SPD wollen die Grünen aber nirgendwo ausspechen. Zur Begründung erklärte Heide Rühle, die SPD helfe ihrer Partei auch nicht bei den Zweitstimmen. Außerdem sei sie niemals bereit gewesen, ihre Kandidaten dort zurückzuziehen, wo eine alleinige grüne Kandidatur gegen einen CDU-Bewerber erfolgversprechend gewesen wäre – wie zum Beispiel bei den Oberbürgermeisterwahlen in Stuttgart. Da FDP- und Unionswähler ihre Stimmen traditionell eher bereit sind zu splitten, spricht nun einiges dafür, daß die Union wieder einige Überhangmandate mehr erzielen dürfte als die SPD und der FDP dennoch der neuerliche Einzug ins Parlament gelingen kann.

Von Juli bis September werden die bekanntesten Grünen auf einer „Promi-Tour“ durchs Land reisen. Einige werden während des Wahlkampfs auch auf sogenannten „Kopf-Plakaten“ am Straßenrand zu sehen sein – eine parteiintern nach wie vor umstrittene Form der Werbung, da einige Mitglieder darin eine Form von Personenkult sehen. Die allermeisten Plakate wird ein großes grünes „Ü“ zieren, das an ein lächelndes Gesicht erinnert und über dem jeweils eine politische Aussage stehen soll. Das „Ü“ sei das „kleinste gemeinsame Vielfache“ von Bündnis 90 und den Grünen erklärte dazu Christian Monzel, Geschäftsführer der „Michael Schirner Werbe- und Projektagentur“. Gebraucht werde für den Wahlkampf eine Kampagne, die sehr „aufmerksamkeitsstark“ sei und außerdem „jung, modern und frisch“. Bei den Landtagswahlen in Niedersachsen werden die Plakate noch nicht eingesetzt. Das sei aus Zeitgründen nicht möglich gewesen.