Gratis Surfen

■ Ein schwedischer Provider finanziert den privaten Netzanschluß mit Anzeigen

Etwa 35 Mark kostet ein Internetanschluß in Deutschland. Schwedische SurferInnen können sich das Geld sparen, wenn sie sich bei dem Internetdienst einwählen, der innerhalb weniger Monate die Hitliste erklommen hat und auf dem besten Wege ist, den beiden großen Telefongesellschaften „Telia“ und „Tele 2“ die Spitzenpositionen streitig zu machen. „BIP“ („Bottnia Internet Provider“) vermittelt den Zugang zum Netz kostenlos – nur der Telefonlokaltarif kommt hinzu.

Die Idee wurde vor ein paar Jahren im Zimmer eines Studentenwohnheims geboren und findet mittlerweile Interesse bei Branchenriesen wie Microsoft und Digital. Das Geheimnis des Gratisdienstes sind natürlich Anzeigeneinnahmen. Allerdings nicht in der üblichen Form unzähliger Reklamebanner und lästiger Zusatzfenster, sondern einer ebenso dezenten wie maßgeschneiderten Berieselung. Wer AbonnentIn werden will, muß auf einem Fragebogen zunächst – mehr oder weniger ehrlich – Fragen zu Geschlecht, Beruf, Einkommen, Hobbies und Interessengebieten beantworten. Daraus wird bei BIP ein individuelles Profil erstellt. Ein Programm, ohne das der BIP-Zugang nicht möglich ist, schreibt es auf die Festplatte und ruft bei jedem Surfen genau die Anzeigen auf, die zu dem Profil passen. Die Annoncen werden jeweils für maximal zehn Sekunden sichtbar, wenn eine neue Seite aus dem Netz geladen wird. Das Surfen selbst verzögern sie nicht. „Es ist die tote Zeit zwischen den einzelnen Seiten, die wir nutzen“, sagt BIP-Gründer Anders Lövbrand: „Die Idee ist, daß der 25jährige Büroangestellte im Stadtteil Söder in Stockholm genau die aktuellen Sonderangebote aus dem Supermarkt um die Ecke angezeigt bekommt.“

Soweit ist es noch nicht, doch rund fünfzig Firmen haben bereits Werbeverträge mit BIP abgeschlossen – bezahlt wird pro Treffer. Ein offenbar lohnendes Geschäft: Eine größere Finanzfirma hat genügend Kapital vorgeschossen, damit die Technik bei schnell wachsenden AbonnentInnenzahlen konkurrenzfähig bleibt. Schon in diesem Jahr will man schwarze Zahlen schreiben, und eine Notierung an der Börse ist geplant.

Bei der Messe für Informationstechnik in New York bekam BIP einen Platz an Microsofts Stand: BIP's Software wurde in Zusammenarbeit mit Microsoft erarbeitet und funktioniert nur zusammen mit Microsofts Internet Explorer. Den schwedischen Versuch sieht man offenbar als Pilotprojekt an: Geschäftsidee und Software sollen bald weltweit vermarktet werden. In Japan und den USA noch in diesem Jahr. Reinhard Wolff

reinhard.wolff@home.se