Aufwärts und vorwärts

■ Auf dem CDU-Innovationskongreß plädiert der Kanzler für zwei Marschrichtungen zugleich

Bonn (taz) – Kohl sagt es, und Lafontaine und Fischer, und Schröder hat es ja schon immer gefordert: Deutschland braucht Innovationen. Ganz dringend. Weil es sonst mit diesem Land nicht bergauf gehen kann. Da sind wir alle gefragt, vom Bettler bis zum Edelmann. Dies ist schließlich nicht mehr das Deutschland, an das wir uns so lange Jahre gewöhnt haben, warnte Bundeskanzler Helmut Kohl gestern beim CDU-Innovations-Kongreß in Bonn. „Wir dürfen nicht immer fragen, wer hilft uns, sondern: Was kann ich tun?“, lautete seine Botschaft.

Für Kohl ist kein Weg zu weit, kein Opfer zu groß, um Innovationen in Deutschland voranzubringen. Innovationen sind vor allem auf dem Arbeitsmarkt gefragt. Sie seien der „Königsweg zu neuen Arbeitsplätzen“, sagte der Kanzler. Innovationen sind wichtig, um der Kurdenfrage in Italien Herr zu werden: „Mit Polizei allein kommen wir da nicht weiter.“ Innovationen sind wichtig für die Einführung der gemeinsamen europäischen Währung. Innovationen sind wichtig für die Bildung. Zehn Prozent aller Hauptschulabgänger seien den Anforderungen einer Lehrstelle nicht gewachsen. „Eine Schande, daß wir darüber diskutieren müssen.“

Wer sich aber dem neuen Innovationsdogma nicht unterwerfen mag, gehört automatisch zu den „Bedenkenträgern“. Und wer die sind, hat Bundesforschungsminister Jürgen „Zukunftsminister“ Rüttgers in seinem Beitrag zum Kongreß schnell klargestellt: „In Deutschland kann man wieder von Eliten reden. Die 68er haben ihren Deutungsanspruch entgültig verloren.“

Rüttgers Ziel ist die Wissensgesellschaft. Denn „Bildung ist die neue soziale Frage des 21. Jahrhunderts“. Lesen, Rechnen und Schreiben reiche da allein nicht mehr aus, verkündete er. Darum wohl will er das sogenannte Meister-Bafög für Handwerker in diesem Jahr um zwei Prozent erhöhen. „Für uns ist ein Handwerksmeister genauso wichtig wie ein Anwalt oder Architekt“, verkündete Rüttgers. Und den bald 2,3 Millionen Studenten an den deutschen Universitäten rief er zu: „Wir verabschieden noch in diesem Frühjahr das neue Hochschulrahmengesetz, damit unsere Hochschulen fit werden für das nächste Jahrhundert.“ Ein Gesetz, gegen das mehrere hunderttausend studentische „Bedenkenträger“ vor Weihnachten auf die Straße gegangen sind.

„Deutschland ist kein Traumland“, gestand er seinen versammelten Parteifreunden. „Aber es ist ein Land, in dem man seine Träume verwirklichen kann.“ Damit eines klar ist: Das kann natürlich nur funktionieren, wenn der Standort Deutschland nicht weiter schlechtgeredet wird. Man habe schließlich mehr zu bieten als 4,5 Millionen Arbeitslose (Rüttgers: „Im Februar werden es noch mehr sein“). Also „hört auf zu nörgeln!“, appellierte er an die Adresse aller Miesepeter, Spielverderber und „Bedenkenträger“. Thorsten Denkler