Klage gegen Pinochet

■ Chiles Kommunistische Partei bringt den Ex-Diktator wegen Völkermord vor Gericht

Buenos Aires (taz) – Zum ersten Mal hat ein chilenisches Gericht eine Klage gegen den Ex- Diktator und Immer-noch-Militärchef Augusto Pinochet zugelassen. Am Dienstag nachmittag gab der Richter Juan Guzman in der Hauptstadt Santiago vor überraschten Journalisten bekannt, daß er die von der Kommunistischen Partei (KP) vorgelegte Klage gegen Pinochet wegen „Völkermordes, Entführung und illegalen Verscharrens von Leichen“ zulassen werde.

Im Verfahren gelte es, „herauszufinden, ob es diese Taten gegeben hat und wem eine Teilnahme daran zuzuordnen ist“, sagte Guzman. Nach offiziellen Angaben wurden unter Pinochet in Chile 3.197 Menschen von den Sicherheitskräften ermordet. 1.102 davon „verschwanden“, das heißt sie wurden von Polizei, Armee oder Geheimdienst entführt und tauchten nie wieder auf.

Einer der fünf Anwälte der Kommunisten, Eduardo Contreras, will außerdem erreichen, daß Pinochet in Untersuchungshaft gesteckt wird; der Richter könne ohne weiteres die Immunität Pinochets aufheben, meint er. Sola Sierra, Präsidentin der Organisation der Angehörigen der verschwundenen Gefangenen, sagte am Dienstag: „Wenn es in diesem Land Gerechtigkeit gibt, dann wird er (Pinochet) verurteilt.“ Weder Regierung noch Armee nahmen bisher zur Anklage Stellung.

Kurz nach der richterlichen Entscheidung am Dienstag gab der frischgebackene Verteidigungsminister Raúl Troncoso bekannt, Pinochet habe sich nunmehr darauf festgelegt, am 10. März von seinem Posten als Armeechef zurückzutreten. Das ist der letzte Termin, den ihm die Verfassung läßt. Einen Tag später will sich der 82jährige als Senator auf Lebenszeit vereidigen lassen. Ingo Malcher