Zweifelhafte Joboffensive des Bausenators

■ Bundeskartellamt und Landesrechnungshof kritisieren den Plan des Bausenators, öffentliche Bauaufträge erst ab einer Million Mark auszuschreiben. Dies erhöhe die Korruption und verstoße möglicherwe

Das Bundeskartellamt und der Landesrechnungshof schlagen Alarm gegen die Pläne von Bausenator Jürgen Klemann (SPD), staatliche Bauaufträge erst ab einer Million Mark öffentlich auszuschreiben. Dies fördere Korruption, sei unwirtschaftlich und verstoße möglicherweise gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung.

Klemann will mit der geplanten Maßnahme – die erstmal auf ein Jahr befristet werden soll – der kriselnden Baubranche unter die Arme greifen. „Wir sind einerseits die Stadt mit der größten Bauaktivität, andererseits haben wir die meisten Arbeitslosen“, sagt Klemanns Pressesprecherin, Petra Reetz. Es seien deshalb alle Möglichkeiten zu nutzen, dagegen etwas zu tun.

Pikant an den Plänen des Bausenators ist, daß erst vor zwei Jahren die damalige Justizsenatorin Maria Peschel-Gutzeit durchsetzte, die Ausschreibungspflicht für Aufträge von früher 400.000 Mark auf 200.000 Mark zu senken. Das Motiv: Vorbeugung von Korruption. Während bei öffentlichen Ausschreibungen jedes Bauunternehmen ein Angebot abgeben kann und die Baubehörde davon das preisgünstigste auswählt, ist der Wettbewerb unterhalb der Schwelle stark eingeschränkt. Denn diese sogenannten „beschränkten öffentlichen Ausschreibungen“ erlauben es der Bauverwaltung, nach Gutdünken der Sachbearbeiter mindestens drei Unternehmen ihrer Wahl zur Abgabe von Angeboten aufzufordern.

„Alle Korruptionsvorkommnisse in letzter Zeit fanden bei freihändiger oder beschränkter Auftragsvergabe statt“, begründet Wolfgang Paar vom Landesrechnungshof seine Kritik. Je mehr Leute beteiligt wären, desto transparenter würde die Vergabe öffentlicher Aufträge und desto schwieriger sei Korruption. Nach Angaben der internationalen Antikorruptionsorganisation Transparency International wird von Weltbank und Europäischer Union die unbeschränkte öffentliche Ausschreibung sogar als das Mittel zur Korruptionseindämmung empfohlen. Die Justizverwaltung lehnt derzeit jede Stellungsnahme zu den Klemann-Plänen ab.

Den Vorwurf einer höheren Korruptionsgefahr läßt Petra Reetz, die Sprecherin der Bauverwaltung, nicht gelten: „Wir denken, daß unsere Kontrollmechanismen wie die Innenrevision Korruption schwierig machen.“ Ganz zu vermeiden sei Korruption allerdings nicht, aber das habe nichts mit einer beschränkten Ausschreibung zu tun.

Klemanns Engagement für arbeitslose Bauarbeiter erweckt zudem nach Angaben des Bundeskartellamtes „erhebliche wettbewerbliche Bedenken“. Über die Vergabe öffentlicher Bauaufträge dürfte keine Strukturpolitik gemacht werden, vielmehr sollen die Aufträge nach wirtschaftlichen Kriterien – sprich niedrigen Kosten – vergeben werden.

Ein dritter Makel an Klemanns Plan, die Schwelle für unbeschränkte Ausschreibungen anzuheben, sind die daraus resultierenden höheren Preise, sagte Wolfgang Paar vom Landesrechnungshof. Seine Behörde hat ermittelt, daß sich „die Kosten öffentlicher Bauvorhaben bei beschränkten Ausschreibungen um 30 bis 50 Prozent höher sind“, so Wolfgang Paar. Dies aber könne sich Berlin angesichts seiner Schuldenlast nicht leisten. Daß sich der Verwaltungsaufwand öffentlicher Ausschreibungen bei niedrigen Beträgen wie bis zu einer Million Mark nicht lohne – ein Argument der Bauverwaltung – sei nicht wahr. In vielen Bundesländern liege die Schwelle öffentlicher Ausschreibungen bei 100.000 Mark. Die Landesrechnungshöfe dieser Länder hätten ermittelt, daß dies durchaus effizent sei.

Rechnungshof-Mitarbeiter Paar schlägt vor, statt der „indirekten Subventionierung die Firmen lieber direkt zu subventionieren“. Dann könnte anschließend immerhin eine Erfolgskontrolle gemacht werden. Karen Wientgen