Zeugin und Pappe

■ Klaus T. soll seinen eingezogenen Führerschein geklaut haben / „Ich habe ihn immer besessen“

Der Staatsanwalt im Amtsgericht war wütend. „Wenn die Zeugin nicht 17 vernünftige Gründe mitbringt, lasse ich sie vereidigen. Dann geht es hier um Meineid.“Was hatte ihn so zornig gemacht?

Klaus T. wird vorgeworfen, 1994 zielgerichtet in den Raum 104 des Bremer Straßenverkehrsamt eingebrochen zu haben (taz berichtete). Sein 1990 eingezogener Führerschein samt Akte ist nämlich aus dem Amt verschwunden. Der erwerbsunfähige Klaus T. bestritt den Einbruch. „Ich war immer im Besitz meines Führerscheins.“

Was am ersten Prozeßtag am Mittwoch noch wie eine müde Ausrede klang, das soll nun eine Zeugin bestätigen, wie der Anwalt am Donnerstag ankündigte. Bettina W. aus Delmenhorst habe im März 1994 – also vor dem Bruch – den Angeklagten darum gebeten, sie in ihrem Auto zu fahren. Bei der Gelegenheit habe sie sich den Führerschein von Klaus T. zeigen lassen. Wenn das stimmt, dann haben die Polizeibeamten 1990 versäumt, dem 56jährigen den Führerschein abzunehmen. Klaus T. wanderte damals ohnehin für Monate in den Bau und hätte nicht fahren können.

Warum aber ist am Führerschein von Klaus T., einem grauen Vor-EU-Modell, manipuliert worden? Zwei Lochungen sind mit Papier ausgefüllt, im Innenteil klebt Tesafilm einige Schnitte zu, die Rückseite – wo sonst ein „ungültig“Stempel stünde – wirkt verfärbt. „Im Knast habe ich meine Sachen abgeheftet“, sagte Klaus T. Später sei der Lappen aus seiner Zelle von Mitgefangenen geklaut worden. „Die haben mir Schnitte reingemacht.“Die Verfärbung käme durch das Alter des Führerscheins, der 1970 ausgestellt wurde.

Der Prozess um Klaus T. hat noch einen Hacken: hier werden alte Rechnungen beglichen. Der Hinweis auf einen geklauten Führerschein kam im April 1997 nämlich von zwei Nachbarn von Klaus T. in Woltmershausen. Alle drei sind den Bremer Richtern länger bekannt. Das Trio zeigt sich laufend gegenseitig an. Es geht dabei um Ruhestörung, Diebstahl, Körperverletzung. Die Nachbarn informierten die Polizei von einer geplanten Spritztour – mit Klaus T. als Fahrer. Der wurde samt seinem Führerschein gestellt.

Ins Gefängnis muß der Angeklagte wohl auf jeden Fall. Denn er soll das Arbeitsamt seit 1987 um etwa 50.000 Mark betrogen haben, indem er trotz Rente eine Arbeitslosenhilfe bezog. Eine Bewährung, das hat der Richter schon angedeutet, kann Klaus T. diesmal nicht erwarten. susa