Große Bremer Telefonpläne geplatzt

■ Brekom und die Stadtwerke wollten Telefonkunden ihre Dienste als Teil eines nordwest-deutschen Netzes anbieten / Energieversorger EWE schnappte mit der ÜNH den Partner weg

„Bedauerlich. Aber ein einheitliches Telefonangebot in der Gesamtregion wird es wohl erstmal nicht geben“, sagt Norbert Schulz, Geschäftsführer des Bremer Eigenbetriebs „Brekom“. Die Fusion der Umland-Energieversorger ÜNH und EWE zerstört die hochfliegenden Pläne. Intensiv war in den letzten Jahren von vier Seiten an einem regionalen Telefonnetz-Betreiber „Nordkom“mit Bremen als Zentrum gestrickt worden. Der sollte mit einem eigenen Leitungsnetz den großen Telefongesellschaften Konkurrenz machen.

Im Spiel: die „Brekom“, die das Bremer Behördennetz betreibt, die Stadtwerke Bremen mit ihrer Telefontochter „Communications Netmanagement Bremen“(CNB), die Bremerhavener Stadtwerke-Tochter „Nordkom“. Und dabei war zunächst auch die „Überlandwerk Nord-Hannover“(ÜNH) mit ihrer Telefongesellschaft „Nordkom-Weser-Elbe-Telekommunikation“. Als Kooperationspartner stand die die EWE-Tel, Tochter des Oldenburger Energieversorgers EWE bereit – mit tausenden von Kabelkilometern von den Ostfriesischen Inseln bis ins Emsland.

Nun ist alles anders. Die EWE schluckt die ÜNH; deren Telefontochter geht mit in die neue Ehe mit: „Das wurde auf Aufsichtsratsebene abgehandelt“, so Jürgen Schmidt, Prokurist der „Nordkom-Weser-Elbe-Telekommunikation“.

Das Bremer Netz also ist zerrissen. Dabei war alles so schön vorbereitet, um der Telekom auch im Bremer Ortsnetz als potente Konkurrenz gegenüberzutreten. Mit ihrer Tochter CNB vermarkten die Stadtwerke als erster Bremer Großanbieter seit 1996 privatwirschaftlich Datenleitungen. Ihr größter Kunde: die „Sparkasse in Bremen“, mit 20 Prozent an der CNB beteiligt. Ab Oktober 1998 wollte man unter dem Namen „Nordkom“auf den Telefonmarkt vorstoßen.

Der CND zur Seite steht schon heute die Brekom, die als Bremens Behördennetz-Betreiber derzeit in der Zwittergestalt von städtischem Eigenbetrieb und GmbH existiert. Mit 16.000 Anschlüssen zu allen Behörden (die 361er und 362er-Nummern) sowie weiteren 10.000 Anschlüssen zu Krankenhäusern und Hochschulen, die sie verwalten, ist die Brekom Tafelsilber auf dem Tisch des Finanzsenators. Die Bilanz 1996: 26 Millionen Umsatz und 3,6 Millionen Gewinn.

Seit Dezember gibt es einen Kooperationsvertrag mit der CNB, der die Telekom bei Ferngesprächen im Regen stehen läßt. „Die CNB war einfach die günstigste“, so Brekom-Chef Norbert Schulz. Seitdem telefoniere die Stadtverwaltung um die Hälfte billiger in die Ferne als beim einstigen Monopolisten, der weiterhin (bei Rabatten um die 20 Prozent) die Gespräche im Ortsnetz vermittelt.

Denn als „City Carrier“bündelt die CND telefonierfreudige Großkunden, und holt auf diese Weise Rabatte bei den „Global Players“wie Viag oder sogar der Telekom selber heraus: Telefoniert wird je nach Sonderangebot mal auf dieser, mal auf jener Leitung.

Wie lange Brekom und CNB zusammenbleiben ist fraglich. Kündigungsfrist ist monatlich – länger werde man sich derzeit auch nicht binden, so Brekom-Chef Schulz. Alles sei im Fluß auf dem Markt. Definitiv gestorben ist aber die gemeinsam mit der ÜNH angestrebte „Nordkom“.

Am Montag setzen sich von der Brekom bis zur EWE-Tel alle zusammen und bekakeln die Zukunft. Wie die aussehen könnte: „Kein Kommentar“. Die Bremer sitzen auf jeden Fall erstmal auf der Ersatzbank. Ob eine kleinbremische Lösung „Nordkom“(mit Brekom, CNB und Bremerhavener Nordkom) noch zum Einsatz kommt, wird nächste Woche entschieden. Am Ball ist erstmal die agile EWE-Tel, die in zehn Tagen auch für Privatkunden mit lukrativen Angeboten auf den Markt gehen will. Eine Beteiligung an der Nordkom steht für Wolfgang Lude, Chef der EWE-Tel nicht zur Debatte.

Im Hintergrund im Bremer Telefonpoker hält sich noch die Übermutter der streitenden Töchter EWE, ÜNH und Stadtwerke Bremen: die VEBA. Alle drei Unternehmen gehören anteilig Deutschlands viertgrößtem Konzern, bzw. ihrer Tochter PREAG. Auch die große Telefongesellschaft Otelo gehört zur Hälfte der VEBA. Daß die Otelo ein gewisses Interesse an Bremen hat, zeigt nicht nur ihreEngagement als Sponsor von Werder Bremen. Unter Vertrag bei Otelo steht auch Klaus Wedemeyer, Bremens einstiger SPD-Bürgermeister mit stabilen Kontakten nicht nur zur Bremer Politik. ritz