Zwei Oberhirten unter sich

■ Der Papst bittet die kubanische Regierung um die Freilassung politischer Gefangener. Fidel Castro und Johannes Paul II. reden unter vier Augen - in nicht mehr so herzlicher Atmosphäre

Havanna (AFP/dpa/rtr/taz) – Papst Johannes Paul II. hat den kubanischen Präsidenten Fidel Castro über den vatikanischen Außenminister um Freilassung politischer Häftlinge gebeten. Wie ein Sprecher des Papstes mitteilte, leitete der für Außenpolitik zuständige Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano in einem Gespräch mit hohen kubanischen Regierungsvertretern die Bitte „einer Anzahl von Gefangenen um einen Gnadenakt“ weiter. Die kubanische Führung habe die Zusage gegeben, die Entlassung von Häftlingen zu erwägen, für die sich der Papst besonders verwendet habe.

Am Donnerstag abend hatten sich der Papst und Castro im Palast der Revolution in Havanna zu einem 45minütigen Gespräch unter vier Augen getroffen. Über die weiteren Themen des Gesprächs zwischen dem Kirchenführer und dem KP-Chef wurde zunächst Stillschweigen bewahrt. Das Treffen verlief nach Einschätzung von Beobachtern weniger herzlich als die erste Begegnung der beiden über 70 Jahre alten Männer im November 1996 im Vatikan. Im kubanischen Fernsehen wurde live übertragen, wie Castro den langsam am Stock gehenden Papst zu dem Raum führte, in dem die Unterredung hinter geschlossenen Türen stattfand.

Nach dem Treffen überreichte Fidel Castro dem Papst die in Leder gebundene Biographie des katholischen Paters Felix Varela, der als Wegbereiter der kubanischen Unabhängigkeit gilt sowie als Kandidat für die Seligsprechung. Außerdem verlieh Castro dem Kirchenoberhaupt den Varela-Orden, die höchste kubanische Auszeichnung für kulturelle Verdienste. Der Papst revanchierte sich mit der Reproduktion eines vatikanischen Christus-Mosaiks.

Johannes Paul II. hatte bereits vor seiner Zusammenkunft mit Castro bei seiner ersten Messe unter freiem Himmel im zentralkubanischen Santa Clara vor 100.000 Menschen die Abtreibung als „abscheuliches Verbrechen“ bezeichnet und außereheliche Beziehungen sowie Scheidungen gerügt – dafür aber nur wenig Beifall aus der Menge erhalten. Auch die staatliche Bildungspolitik hatte Johannes Paul kritisiert – die Kirche hat nie verwunden, in Kuba ihren traditionellen Einfluß in diesem Bereich verloren zu haben. Beifall erhielt der Papst allerdings, als er die häufig durch Exil erzwungene Trennung von Familien anprangerte. Außerdem forderte er erneut mehr Freiräume für die katholische Kirche.

Heute will der Papst in Santiago de Cuba eine weitere Messe zelebrieren. Zum Abschluß seines Besuchs predigt er morgen im Beisein Fidel Castros auf dem Revolutionsplatz in Havanna.