Kirchenasyl gebrochen

■ Niedersachsens Polizei nimmt in einer Kirche Kurden fest – und schiebt sie ab

Hannover (taz) – Aus dem Kirchenasyl heraus verhaftet und abgeschoben hat die niedersächsische Polizei am Freitag eine kurdische Familie, die seit beinahe zehn Jahren in der Bundesrepublik lebte. Die neunköpfige Familie Ograk, deren ältester Sohn bei der Polizeiaktion entkommen konnte, hatte erst am vergangenen Donnerstag im Pfarrhaus der katholischen St.-Marien-Gemeinde in Schwege bei Osnabrück Zuflucht gefunden.

Zuvor hatten Mitglieder der Kirchengemeinde und Freunde der Familie lange Zeit versucht, ein dauerndes Bleiberecht für das Ehepaar und seine sieben Kindern durchsetzen. Sie lebten seit ihre Flucht aus der Türkei in Glandorf bei Osnabrück. Über eine entsprechende Petition hat der niedersächsische Landtag noch nicht entschieden. Für ein Bleiberecht setzte sich auch der örtliche SPD- Landtagsabgeordnete ein.

Die Familie fiel nicht unter die niedersächsische Bleiberechtsregelung, weil sie – neben dem Einkommen des Vaters – auf Sozialhilfe angewiesen war. Zwei der jetzt nach Istanbul abgeschobenen Kinder sind in der Bundesrepublik geboren. Der 15jährige Sohn, der sich der Abschiebung entziehen konnte, steht kurz vor dem Realschulabschluß. Fassungslos verfolgten etwa 50 BürgerInnen aus Glandorf und Schwege die Festnahme. Mitschüler und Freunde der Kinder weinten, als die Familie ausgestattet nur mit dem allernötigsten Gepäck in Richtung Flughafen Hannover abtransportiert wurde. Der Pastor der St.-Marien- Gemeinde, der erfolglos gegen den Bruch des Kirchasyls protestierte, kritisierte die Abschiebung im Sonntagsgottesdienst. ü.o.