„Der Papst hat recht“

■ Der grüne Politiker Bernd Köppl ist für einen Ausstieg der Kirche aus der Schwangerenberatung

taz: Soll die katholische Kirche aus der Schwangerenberatung aussteigen?

Bernd Köppl: Der Papst hat recht, wenn er dazu aufruft. Die katholische Amtskirche ist nicht die richtige Institution für die Schwangerenkonfliktberatung, weil sie sich von ihrer ethischen Grundlage her für die Gebärpflicht entschieden hat. Das hat der Papst richtig beschrieben. Den gesetzlich festgelegten pluralistischen Auftrag kann die Kirche daher einfach nicht erfüllen. Die Einbeziehung der Amtskirche ist also eine Fehlkonstruktion und nicht haltbar. Deshalb bin auch ich dafür, daß die Amtskirche aus dieser Beratung ausscheidet.

Sie werfen der Kirche vor, gegen das Gesetz zu verstoßen?

Das ist eindeutig. Die Kirche hat ja 1996 die sogenannten bischöflichen Richtlinien erlassen, die verbindliche Arbeitsgrundlage für die kirchlichen Beratungsstellen sind. Darauf mußten sich alle Beratungsstellen verpflichten. Diese Richtlinien aber widersprechen in mehreren Punkten dem Gesetzesauftrag, und die Kirche hätte eigentlich schon 1996 aus dieser Funktion ausscheiden müssen.

Die Bundesregierung sagt, in der Praxis verstießen die kirchlichen Beratungsstellen nicht gegen das Gesetz. Haben Sie andere Informationen?

Da gibt es sehr widersprüchliche Angaben. Insbesondere in den Großstädten gehe ich davon aus, daß die katholischen Beratungsstellen so arbeiten, wie das Gesetz es wünscht. Auf dem Land in Bayern und Baden-Württemberg gibt es dagegen deutliche Anzeichen, daß dort starker Druck auf die Frauen ausgeübt wird, das Kind auszutragen.

Trifft der Ausstieg nicht in Wirklichkeit die Frauen?

Ganz und gar nicht. Es gibt außerhalb der Amtskirche liberale katholische Laienorganisationen, die nicht direkt diesem Papstwort unterstellt sind. Die könnten den Beratungsauftrag übernehmen. Eine Lücke in der Versorgung in den katholischen Gebieten würde es nicht geben, weil ein großer Teil der bereits bestehenden Beratungsstellen sich sofort in einer neuen Trägerschaft außerhalb der Amtskirche zusammenfinden würde, wenn die Landesregierungen dies zuließen. Das wäre auch nicht teurer als die jetzige Lösung, denn alle Beratungsstellen werden zu hundert Prozent vom Staat finanziert.

Warum will die Kirche trotzdem in der Beratung bleiben?

Das ist ein Machtanspruch. Die Amtskirche möchte den Einfluß auf die Frauen besonders in dieser Konfliktsituation nicht verlieren. Ich wünsche mir eine katholische Beratung, die auf die spezifische Situation der katholischen Frauen eingeht und nicht zusätzliche Schuldkomplexe aufhäuft, unter denen die Frauen noch langfristig leiden müssen. Interview: Bernhard Pötter